Frauen nutzen Masturbation ergänzend zum Sex, Männer kompensieren ihn damit

Zudem zeigen die neuen Studienergebnisse, dass die Masturbationshäufigkeit auf paradoxe Weise mit der sexuellen Zufriedenheit im Zusammenhang steht.

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Sexuelle-Zufriedenheit-Zusammenhang-mit-Masturbationshaeufigkeit
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Auf einen Blick

  • Studie befragte 4.160 Norweger:innen, wie häufig sie masturbieren und wie sexuell zufrieden sie sind.
  • Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass das Masturbationsverhalten nur teilweise beeinflusst, wie zufrieden eine Person mit ihrem Sexualleben ist.
  • Zudem wurde festgestellt, dass Masturbation für Männer eher eine kompensierende und für Frauen eine ergänzende Rolle spielt.
  • Ein Paartherapeut erklärt, ob es Vorteile für eine Partnerschaft haben kann, wenn beide Partner:innen Solo-Sex haben.
  • Außerdem: verheiratete Leute masturbieren seltener, höher gebildete Menschen häufiger.
  • Ein negatives Körperbild, insbesondere das genitale Selbstbild bei Männern, geht mit sexueller Unzufriedenheit einher.

Über die vielen Vorteile, die mit Selbstbefriedigung verbunden sind, ist bereits einiges bekannt.

Masturbation ist nicht nur eine einfache, sondern auch eine sichere Methode, sich sexuell zu vergnügen (ungewollte Schwangerschaften sind beispielsweise ausgeschlossen). Solo-Sex ermöglicht es dir auch, deinen Körper besser kennenzulernen und sexuelles Selbstbewusstsein aufzubauen. Darüber hinaus kann Masturbation dabei helfen, Stress abzubauen.

Welchen Einfluss Solo-Sex auf die sexuelle Zufriedenheit hat, wurde bislang jedoch kaum erforscht. Frühere Studien konzentrierten sich lediglich auf die Beziehung zwischen sexueller Zufriedenheit und der Masturbationshäufigkeit.

Dabei wurde jedoch nicht in Betracht gezogen, dass es hier Unterschiede zwischen Frauen und Männern geben könnte.

Eine neue Studie von zwei norwegischen Psychologinnen der University of Oslo legte den Fokus auf die geschlechterspezifischen Unterschiede.

Die Studiendurchführung

​​An der Studie nahmen 4.160 Norweger:innen im Alter von 18 bis 89 Jahren teil. Mithilfe eines Fragebogens wurde untersucht, welche Unterschiede es zwischen Frauen und Männern hinsichtlich der Masturbationshäufigkeit und der sexuellen Zufriedenheit gibt.

Untersucht wurde außerdem, ob sich soziodemografische, psychologische und sexuelle Verhaltensmerkmale auf die sexuelle Zufriedenheit auswirken.

Das zeigen die Studienergebnisse

Die Datenanalyse machte vier verschiedene Gruppierungen der Studienteilnehmenden deutlich und unterteilte sie in “Männer” und “Frauen”:

Selbstbefriedigung und sexuelle Zufriedenheit bei Frauen

  • 25,6 % der Frauen masturbieren häufiger und sind sexuell zufrieden
  • 21,6 % der Frauen masturbieren häufiger und sind sexuell unzufrieden
  • 40,7 % der Frauen masturbieren seltener und sind sexuell zufrieden
  • 12,0 % der Frauen masturbieren seltener und sind sexuell unzufrieden

Selbstbefriedigung und sexuelle Zufriedenheit bei Männern

  • 35,8 % der Männer masturbieren häufiger und sind sexuell zufrieden
  • 16,5 % der Männer masturbieren häufiger und sind sexuell unzufrieden
  • 27,9 % der Männer masturbieren seltener und sind sexuell zufrieden
  • 19,8 % der Männer masturbieren seltener und sind sexuell unzufrieden

Außerdem entdeckten die Studienautorinnen zwei interessante Muster:

  • Psychologische Faktoren wie sexuelle Ängste, ein negatives Körperbild und ein negatives genitales Selbstbild stehen in einem deutlichen Zusammenhang mit sexueller Unzufriedenheit.
  • Ein jüngeres Alter, höherer Pornografiekonsum und sexuelle Experimentierfreudigkeit gehen mit einer erhöhten Masturbationshäufigkeit einher.

Diese Ergebnisse deuten darauf, dass das Masturbationsverhalten nur teilweise dazu beiträgt, wie zufrieden eine Person mit ihrem Sexualleben ist.

Solo-Sex ist nicht das gleiche wie Sex in der Partnerschaft

So wurde bei einer Studie aus dem Jahr 2009 festgestellt, dass Masturbation auf die sexuelle Zufriedenheit von Frauen einen deutlich geringeren Einfluss hat als Geschlechtsverkehr.

Darüber hinaus zeigen die Daten einer anderen Studie, an der 50 heterosexuelle Männer teilnahmen, dass Selbstbefriedigung im Vergleich zu Sex mit der Partnerin nicht unbedingt als sexuelle Aktivität angesehen wird.

Diese beiden Studien deuten darauf hin, dass Solo-Sex wie auch partnerschaftlicher Sex die sexuelle Zufriedenheit auf unterschiedliche Weise beeinflussen können.

Auch Frauen verstehen Selbstbefriedigung und partnerschaftlichen Sex als zwei voneinander unabhängige Aspekte, die auf unterschiedliche Weise Einfluss auf die sexuelle Zufriedenheit haben. Dies zeigt eine Studie aus dem Jahr 2016, an der 73 queere und heterosexuelle Frauen teilnahmen.

Zukünftige Studien sollten daher in Betracht ziehen, dass die sexuelle Zufriedenheit auf jeweils unterschiedliche Weise durch Solo-Sex und Sex in der Partnerschaft beeinflusst wird. Daher sollte sexuelle Zufriedenheit in Bezug auf beide Aspekte separat gemessen werden.

Unterschiede zwischen Frauen und Männern

Die norwegischen Psychologinnen stellten im Rahmen ihrer Studie einige geschlechtsspezifische Befunde fest. Diese bezogen sich auf die Nutzung von Pornografie und den Zusammenhang zwischen Masturbation und der Häufigkeit von Geschlechtsverkehr:

  • Frauen nutzen Pornografie und Selbstbefriedigung ergänzend zum Geschlechtsverkehr,
  • während Männer mit diesen Mitteln eher sexuelle Unzufriedenheit kompensieren.

Häufiger Solo-Sex verbessert partnerschaftlichen Sex

Die Analyse der Studienergebnisse zeigt, dass Frauen, die häufig Geschlechterverkehr haben, tendenziell häufiger masturbieren. Außerdem sind sie eher sexuell zufrieden. Frauen, die häufig masturbieren und sehr sexuell zufrieden sind, weisen zudem eine höhere sexuelle Experimentierfreudigkeit auf.

Diese Befunde lehnen sich an eine Studie aus dem Jahr 2009, die zeigt, dass Frauen Solo-Sex als eine Ergänzung zum Sex in der Partnerschaft sehen. Die Studie zeigt ebenfalls, dass häufiges Masturbieren sogar den Sex mit dem Partner verbessern kann und dass eher Frauen mit höherer sexueller Experimentierfreudigkeit häufiger masturbieren.

Die Autorinnen der norwegischen Studie stellten zudem fest, dass Männer, die häufiger Geschlechtsverkehr haben, eher sexuell zufrieden sind. Weiterhin zeigen die Studienergebnisse, dass Männer, die sehr sexuell zufrieden sind und häufig partnerschaftlichen Sex haben, eher nicht oder nur selten masturbieren.

Dieses Ergebnis unterstreicht, dass viele Männer anders als Frauen Masturbation als unnötig ansehen, wenn sie sehr zufriedenstellenden und häufigen Sex mit ihrer Partnerin haben.

Masturbation spielt für Männer demnach eher eine kompensierende und für Frauen eine ergänzende Rolle.

Häufiger Pornografiekonsum steht im Zusammenhang mit sexueller Unzufriedenheit

Die Studienergebnisse zeigen, dass sowohl Frauen als auch Männer, die sich Pornos ansehen, häufiger masturbieren und sexuell zufriedener sind als Personen, die nicht oder wenig masturbieren.

Allerdings wurde bei Männern (nicht bei Frauen), die sich besonders häufig Pornos ansehen und häufig masturbieren, festgestellt, dass diese eher sexuell unzufrieden sind.

Die Studienautorinnen verweisen auf die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2017. Diese konnte ebenfalls zeigen, dass bei Männern ein häufiger Pornografiekonsum mit sexueller Unzufriedenheit einhergeht. Ein negativer Zusammenhang zwischen dem Pornografiekonsum von Frauen und der sexuellen Zufriedenheit wurde allerdings nicht festgestellt.

Negatives Körperbild geht mit sexueller Unzufriedenheit einher

Sowohl bei Frauen als auch bei Männern wurde festgestellt, dass ein negativeres Körperbild mit sexueller Unzufriedenheit einhergeht.

Interessanterweise zeigte sich nur bei Männern ein Zusammenhang zwischen dem genitalen Selbstbild und der sexuellen Zufriedenheit: Ein negatives genitales Selbstbild war mit sexueller Unzufriedenheit verbunden.

Diese Ergebnisse spiegeln die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Studie wider. Diese zeigt, dass bei Berücksichtigung von Körpermerkmalen wie Körperfett, Genitalien, Muskulatur und Größe nur negative Einstellungen gegenüber den eigenen Genitalien signifikant mit sexueller Unzufriedenheit bei Männern verbunden sind.

Insbesondere bei Männern spielt das genitale Selbstbild eine Rolle

Dass das genitale Selbstbild von Männern einen Einfluss auf ihre sexuelle Zufriedenheit hat, könnte sich laut der Studienautorinnen dadurch erklären lassen, dass die Genitalien von Männern eine wichtige Rolle bei der Definition ihrer Männlichkeit spielen. Insbesondere in Bezug auf das Aussehen (z. B. Penisgröße) und die Leistung (z. B. Erektion).

Ein weiteres zentrales Ergebnis der vorliegenden Studie war, dass Frauen und Männer, die unter belastenden sexuellen Problemen litten, mit ihrem Sexualleben eher unzufrieden waren.

Verheiratete Leute masturbieren seltener

Die Studienergebnisse verdeutlichen des Weiteren, dass der Beziehungsstatus einer Person einen Einfluss auf die Masturbationshäufigkeit und die sexuelle Zufriedenheit hat.

Insbesondere Personen, die verheiratet sind oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben, masturbieren eher selten. Zudem sind sie eher sexuell unzufrieden.

Wer sich in einer Partnerschaft befindet, hat demnach nicht häufiger guten Sex.

Höher gebildete Menschen masturbieren häufiger

Außerdem stellten die norwegischen Psychologinnen fest, dass sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein höherer Bildungsgrad mit einer hohen Masturbationshäufigkeit einhergeht. Allerdings auch mit sexueller Unzufriedenheit.

Frühere Forschungsarbeiten scheinen jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bildung keine große Rolle hinsichtlich der sexuellen Zufriedenheit spielt. Es ist daher unklar, warum bei der norwegischen Studie ein höheres Bildungsniveau mit einer geringeren sexuellen Zufriedenheit bei denjenigen verbunden war, die häufig masturbieren.

Die Studie zeigt außerdem, dass mit zunehmenden Alter weniger masturbiert wird.

Viele masturbieren nur selten oder nie

Die Studienautorinnen merken abschließend an, dass die meisten der Studienteilnehmenden angaben, nur selten oder nie zu masturbieren.

Das ist ein interessantes Ergebnis und liegt womöglich daran, dass Solo-Sex immer noch weitgehend als unangenehmes Thema wahrgenommen wird. Masturbation wird zudem oft ein niedrigerer Stellenwert beigemessen als partnerschaftlichem Sex.

Masturbation ist oft immer noch ein Tabu-Thema

Insbesondere haben Frauen oft eine negativere Einstellung zur Selbstbefriedigung als Männer. Auch gilt Masturbation weiterhin unter vielen Frauen als Tabu-Thema. Bei den meisten Männern ist das anders – Männer sprechen offener über ihr Masturbationsverhalten und vergleichen dieses untereinander.

Hinzu kommt, dass viele Frauen lernen, ihre Sexualität ausschließlich im Rahmen einer Partnerschaft auszudrücken. Darüber hinaus ist Masturbation häufig von gesellschaftlichen Widersprüchen umgeben: Solo-Sex wird sowohl stigmatisiert als auch als gesundes Sexualverhalten gefördert.

Dabei bietet Masturbation eine hervorragende Möglichkeit, um herauszufinden, was sich gut anfühlt.

Es wird aus unterschiedlichen Gründen (nicht) masturbiert

Weitere Faktoren, die die Masturbationshäufigkeit beeinflusst, sind die vielfältigen Motive, Bedeutungen und Wahrnehmungen, die Menschen mit Masturbation verbinden.

Manche Menschen machen sogar negative Erfahrungen mit Solo-Sex oder haben keinerlei Bezug dazu. Andere wiederum beschreiben Selbstbefriedigung als rein oberflächliches Vergnügen oder als Mittel, Spannungen abzubauen. Manch anderer verbindet Solo-Sex mit einem Gefühl der Selbstermächtigung.

All diese verschiedenen Sichtweisen über Masturbation haben natürlich einen Einfluss darauf, ob und wie oft selbst Hand angelegt wird.

Dr. David Helfand, ein Psychologe und Paartherapeut aus den USA, betont in einem Gespräch mit Fraulila, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen masturbieren.

„Manche Paare masturbieren sogar gemeinsam oder haben Solo-Sex, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht miteinander schlafen können. Alternativ beglücken sie sich auch gegenseitig mit den Händen.“

Kann Solo-Sex gut für eine Partnerschaft sein?

Auf unsere Frage, ob es Vorteile für eine Partnerschaft haben kann, wenn beide Partner Solo-Sex haben, antwortet der Beziehungsexperte:

„Manchmal ja, manchmal nein. Wenn Selbstbefriedigung genutzt wird, um die eigenen Wünsche und körperlichen Triebe zu befriedigen, dann ist das etwas sehr Positives. Und auch dann, wenn man ergänzend zum Geschlechtsverkehr mit dem Partner oder der Partnerin masturbiert, kann das positiv sein. Zum Beispiel, wenn man eine höhere Libido hat als sein:e Partner:in.“

„Wenn man allerdings masturbiert, weil der/ die Partner:in den Sex zu oft verweigert oder man eine Fantasie hat, über die man aus Scham nicht mit seinem Partner oder seiner Partnerin sprechen möchte, kann es der Beziehung sogar schaden“, meint Helfand.

Masturbation kann auch schlecht für eine Beziehung sein

Masturbation kann sich laut dem Beziehungsexperten auch dann negativ auf eine Partnerschaft auswirken, wenn es zu häufig passiert. Insbesondere kann bei Männern häufiges Masturbieren dazu führen, dass die sexuelle Leistung beim Sex mit der Partnerin (oder dem Partner) niedriger ist.

„Dies gilt vor allem, wenn häufig Pornos zum Masturbieren verwendet werden. Es kann dann zu einer Überreizung und folglich zu Erektionsproblemen kommen, die mit einem höheren Bedarf an Stimulation verbunden sein können“, hebt Helfand hervor.

Der Psychologe betont außerdem, dass Pornos nicht das reale Sexleben widerspiegeln und viele Männer dadurch verzerrte Annahmen und Erwartungen zur Sexualität entwickeln, die wiederum Erektionsprobleme befördern.

Masturbation vor dem/ der Partner:in

Laut Helfand sollte man es in Erwägung ziehen, vor seinem Partner bzw. seiner Partnerin zu masturbieren: „Auf diese Weise kann man sehen, wie der Partner oder die Partnerin gerne berührt werden möchte. Wenn man den Körper des Partners oder der Partnerin durch das Zusehen besser versteht und dieses Wissen anwendet, kann eine Beziehung sehr von Masturbation profitieren.“

Insbesondere Paare, die sich schwer damit tun, ihre sexuellen Wünsche offen zu kommunizieren, könnten sich das Masturbieren vor dem Partner/ der Partnerin zu Nutzen machen.

Das Masturbieren voreinander könnte eine Beziehung auch auf eine ganz neue Ebene heben und noch mehr Intimität schaffen. Schließlich gilt Selbstbefriedigung als sehr intimer Akt.

Auch das Vorspiel könnte durch das Masturbieren voreinander angeheizt werden. Es auszuprobieren, kann sich auf jeden Fall lohnen!

Ein Fazit zur Studie: Weitere Untersuchungen sind nötig

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die norwegische Studie einen Zusammenhang zwischen dem Masturbationsverhalten und sexueller Zufriedenheit ersichtlich macht.

Was allerdings bei der Auswertung der gesammelten Daten beachtet werden sollte, ist, dass Menschen unterschiedliche Definitionen von Masturbation und Einstellungen gegenüber Solo-Sex haben. Es wird nicht ausschließlich ohne Partner:in masturbiert.

Daher ist es möglich, dass sich die Teilnehmenden der Studie bei der Beantwortung der Fragen auch auf Masturbation während des Geschlechtsverkehrs bezogen.

Interessant wäre auch, wenn die Studie Informationen über die Einstellung zur Masturbation und die mit Selbstbefriedigung verbundenen Gefühle erhoben hätte.

Zukünftige Studien sollten diese Aspekte miteinbeziehen und außerdem beachten, dass die sexuelle Zufriedenheit auch durch andere Faktoren beeinflusst wird.

Es sind weitere Untersuchungen nötig, um den Zusammenhang zwischen dem Masturbationsverhalten und sexueller Zufriedenheit näher bestimmen zu können.

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