Menschen mit starker Bindungsangst nutzen häufiger Online-Dating-Apps

Psycholog:innen untersuchten, welchen Einfluss unser Bindungsverhalten auf unsere sexuellen und Dating-Erfahrungen im Online- und Offline-Kontext hat.

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Auf einen Blick

  • Laut neuer Studienergebnisse lässt unser Bindungsverhalten Aussagen darüber zu, ob wir online oder offline nach Partner:innen suchen und welche sexuellen Erfahrungen wir hier machen.
  • Menschen mit einem sicheren Bindungstyp (weniger ängstlich und vermeidend), machen tendenziell positivere sexuelle Erfahrungen in verschiedenen Dating-Kontexten.
  • Menschen mit starker Bindungsangst und einem vermeidenden Bindungsstil nutzen häufiger Online-Dating-Apps und tendieren dazu, sich nach einer spontanen sexuellen Begegnung (sowohl Online- als auch im Offline-Kontext) schlecht zu fühlen.
  • Psychotherapeutin Laura Bonk verrät, wie unsichere Bindungstypen positive Erfahrungen beim Online-Dating machen können.

Das Internet hat unser Dating-Verhalten auf vielfältige Weise verändert. Früher war die Partnersuche auf das soziale Umfeld oder den Freundeskreis beschränkt. Doch innerhalb des letzten Jahrzehnts hat das Internet eine Vielzahl von Möglichkeiten geschaffen, um jemanden kennenzulernen.

Das Online-Dating ermöglicht es, Erfahrungen zu machen, die von gelegentlichen sexuellen Begegnungen bis hin zu festen Partnerschaften reichen.

Untersuchungen machen deutlich, wie weit verbreitet die Nutzung von Online-Dating-Angeboten ist. So gaben bei einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2019 rund 48 % der Erwachsenen im Alter von 18 bis 29 Jahren und 38 % der 30- bis 49-Jährigen an, eine Dating-Website oder -App zu nutzen.

Im Rahmen einer Studie der Johns Hopkins University berichteten 39 % der gemischtgeschlechtlichen Paare, dass ihre Beziehungen online entstanden sind.

Das Online-Dating revolutioniert das Dating

Im Online-Dating laufen die Dinge etwas anders als im Offline-Dating: Beim Online-Dating können wir bereits vor einem persönlichen Treffen Details über eine Person erfahren. Etwa welche Erwartungen sie an das Online-Dating stellt (z. B. Beziehung, erotisches Abenteuer). Im Offline-Kontext ist die Intention hinter einem Treffen weniger offensichtlich.

Andererseits führt ein Offline-Treffen (z. B. auf der Party eines Freundes oder bei der Arbeit) oft zu einer stärkeren sozialen Bindung als ein Treffen mit einer Person, die man online kennengelernt hat, da hier eine gewisse Anonymität bewahrt wird.

Welchen Einfluss hat unser Bindungsverhalten?

Obwohl bekannt ist, dass unser Bindungsverhalten prägt, welche sexuellen und Dating-Erfahrungen wir machen, wurde bislang kaum erforscht, welche Unterschiede es hier im Online- und Online-Kontext gibt.

Nun untersuchten Psycholog:innen der Arizona State University in den USA, welche Zusammenhänge es zwischen dem Bindungsstil von Erwachsenen und den sexuellen Erfahrungen in Online- und Offline-Dating-Kontexten gibt.

Doch bevor wir uns die Ergebnisse der Studie näher ansehen, werfen wir einen Blick auf die Besonderheiten, die unser Bindungsverhalten mit sich bringt.

Unser Bindungsverhalten ist ein Überbegriff, der in der Psychologie verwendet wird. Er bezieht sich auf die Art und Weise, wie wir im Erwachsenenalter emotionale Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und pflegen und wie wir auf Nähe und Distanz reagieren.

Das Bindungsverhalten wird oft mit dem Konzept der Bindungstheorie in Verbindung gebracht, das von John Bowlby (1907–1990), einem britischen Kinderarzt, Kinderpsychiater, Psychoanalytiker entwickelt wurde. Seiner Theorie nach haben Menschen ein grundlegendes Bedürfnis nach emotionaler Verbundenheit und Sicherheit, das sich in der frühen Kindheit entwickelt und im Laufe des Lebens fortsetzt.

Die verschiedenen Bindungsstile

Kinder entwickeln in ihren frühen Beziehungen zu ihren Bezugspersonen (in der Regel die Eltern) Bindungsverhaltensmuster. Im Grunde wird zwischen unsicheren und sicheren Bindungsstilen unterschieden.

Unsicheres Bindungsverhalten

Ein unsicheres Bindungsverhalten ist geprägt von Beziehungen, die von Angst, Verwirrung oder Unsicherheit geprägt sind. Solche Personen haben oft Schwierigkeiten, enge Beziehungen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten.

Bowlby unterscheidet zwei Haupttypen von unsicheren Bindungstypen:

  • Der ängstliche Bindungstyp: Bindungsangst äußert sich in einem ausgeprägten Bedürfnis nach Nähe. Betroffene Personen sorgen sich um die Zuverlässigkeit von Beziehungspartnern und drücken ihre Emotionen oft auf eine sehr intensiven oder gar übertriebenen Weise und aus.
  • Der vermeidende Bindungstyp: Bindungsvermeidung ist gekennzeichnet durch ein geringes Bedürfnis nach Bindung und dem Wunsch nach Unabhängigkeit. Emotionale Nähe wird vermieden, zudem besteht die Tendenz, Emotionen zu unterdrücken. Im Gegensatz dazu zeichnet sich Bindungssicherheit durch ein niedriges Niveau von Bindungsangst und Vermeidung aus.

Sicheres Bindungsverhalten

Menschen mit einem sicheren Bindungsverhalten fühlen sich geborgen, sicher und geliebt in ihren Beziehungen. Zudem haben sie einen guten Zugang zu ihren Emotionen und führen Beziehungen mit einem gesunden Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz.

Personen mit einem sicheren Bindungsstil neigen dazu, enge Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Sie fühlen sich frei, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu zeigen. Zudem fühlen sich Betroffene wohl mit emotionaler Nähe und Intimität.

Wie beeinflusst unser Bindungsverhalten unsere Dating-Erfahrungen?

An der Studie der Arizona State University nahmen 291 Frauen und Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren teil. Es handelte sich um eine Online-Umfrage, wobei die Teilnehmenden gebeten wurden, über ihre Nutzung von Tinder (falls vorhanden), anderen Online-Dating-Anwendungen (falls vorhanden) und ihre Erfahrungen mit Offline-Dating zu berichten.

Der Fragebogen enthielt außerdem Fragen, mit welchen die Forschenden den Bindungstyp und die sexuellen Einstellungen der Studienteilnehmenden ermittelten.

Die Studienergebnisse

Die Psycholog:innen fanden heraus, dass der Bindungsstil von Erwachsenen mit individuellen Unterschieden in zwei Bereichen einhergeht:

  1. Die Art und Weise, wir nach Partnern suchen (online/ offline)
  2. Die emotionalen Erfahrungen, die wir mit Sexualpartnern machen, die wir online bzw. offline kennengelernt haben.

Im Allgemeinen war ein sicherer Bindungsstil mit positiveren sexuellen Erfahrungen in verschiedenen Dating-Kontexten verbunden.

Personen mit starker Bindungsangst nutzen vermehrt Online-Dating

Personen mit starker Bindungsangst berichteten über eine stärkere Nutzung von Online-Dating-Apps.

Die Studienautor:innen erläutern, dass Bindungsängste bei Erwachsenen eine Strategie zum Umgang mit sozialen Beziehungen darstellen. Bindungsängste verstärkten die emotionalen Bedürfnisse und den Wunsch nach Nähe. Die Nutzung von Online-Dating kann ein Mittel sein, um zu signalisieren, dass ein Wunsch nach Bindung besteht.

Eine Studie aus dem Jahr 2019 deutet jedoch darauf hin, dass ein ängstlicher Bindungsstil mit einem “ungesunden” Dating-App-Nutzungsverhalten einhergeht.

Ängstlich gebundene Personen nutzen Dating-Apps oft mit der Absicht, ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Typisch für den ängstlichen Bindungstyp sind auch eine schlechte Selbstkontrolle, das dringende Bedürfnis nach einer neuen Bekanntschaft, eine schwache Hemmschwelle sowie eine schlechte Entscheidungsfindung.

Unverbindlicher Sex und Vermeidung von Intimität

Im Gegensatz dazu stand ein vermeidendes Bindungsverhalten in keinem besonderen Zusammenhang mit der Nutzung von Dating-Apps.

Den Psycholog:innen der Arizona State University zufolge geht ein vermeidender Bindungsstil mit einem geringeren Bedürfnis nach Nähe und Bindung einher, da tendenziell emotionale Intimität vermieden wird.

Einerseits könne eine solche Vermeidungsstrategie damit verbunden sein, dass Dating-Apps nicht genutzt werden. Andererseits könne eine solche Strategie bei manchen Personen (z. B. bei einem hohen sexuellen Verlangen) dazu führen, dass Dating-Plattformen in Maßen genutzt werden, etwa um unverbindlichen Sex zu haben.

Kein Interesse an einem erotischen Abenteuer

Unerwarteterweise zeigen die Studienergebnisse keinen Zusammenhang zwischen einem ängstlichen oder vermeidenden Bindungsverhalten mit der Suche nach einem erotischen Abenteuer.

In anderen Untersuchungen wurde festgestellt, dass ein vermeidender Bindungsstil mit einer offeneren Einstellung zu Gelegenheitssex zusammenhängt. Dass die Studienergebnisse der Arizona State University nicht dasselbe Muster aufzeigen, deutet darauf hin, dass die Befragten zwar offener sind, dies aber möglicherweise nicht im Rahmen der Studie zum Ausdruck brachten.

Ambivalenz in Bezug auf unverbindlichen Sex

Künftige Forschungsarbeiten sollten diesen Aspekt weiter untersuchen. Bei bindungsängstlichen Personen könnten die vorliegenden Ergebnisse eine Zwiespältigkeit hinsichtlich unverbindlichen Sexes widerspiegeln.

Bei einer Studie aus dem Jahr 2006 gaben Personen mit einem ängstlichen Bindungsverhalten zwar an, dass sie sexuelle Aktivitäten innerhalb einer festen Beziehung bevorzugen. Andererseits waren sie aber auch bereit, sich zu verabreden, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Und auch dann, wenn sexueller Kontakt die gewünschte Nähe und Intimität bietet, kommen bei Personen mit einem ängstlichen Bindungsstil sexuelle Aktivitäten außerhalb einer festen Beziehung infrage.

Negative Emotionen nach dem Sex

Des Weiteren zeigen die Studienergebnisse, dass ein unsicherer Bindungsstil mit negativen Gefühlen nach einer sexuellen Begegnung einhergeht.

Personen mit starker Bindungsangst fühlten sich sowohl im Online- als auch im Offline-Dating-Kontext nach einer sexuellen Begegnung schlecht. Sie berichteten vor allem über Unzufriedenheit und starke Schuldgefühle. Zudem fühlten sie sich nach ihrer letzten Erfahrung mit Partner:innen, die sie offline (aber nicht online) getroffen hatten, benutzt.

Die Studienautor:innen erklären, dass die Erwartungen bei Online-Treffen möglicherweise klarer sind als bei Offline-Treffen. Daher könnte die Angst vor dem Verlassenwerden, die Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil häufig haben, bei Online-Treffen geringer ausgeprägt sein. Dies würde erklären, warum sich ängstliche Personen bei Offline-Treffen eher benutzt fühlen als bei Online-Treffen.

Ein negatives Selbstbild könnte eine Rolle spielen

Die Studie legt nahe, dass diese negativen Emotionen mit Gefühlen verbunden sein können, die mit einer abwertenden Sicht auf das eigene Selbst zusammenhängen (d. h. mit dem Gefühl, sich schuldig zu fühlen sowie dem Gefühl, benutzt worden zu sein und weniger respektiert zu werden).

So könnten bindungsängstliche Personen sexuelle Begegnungen zum Teil deshalb negativer erleben, weil solche Begegnungen – insbesondere außerhalb einer festen, liebevollen Beziehung – mit dem Gefühl einhergehen können, sich unwürdig für Liebe, Fürsorge und Respekt zu fühlen.

Personen mit einem vermeidenden Bindungsstil fühlen sich nicht benutzt

Die Gefühle nach einer sexuellen Begegnung bei Personen mit einem vermeidenden Bindungsstil variierten je nach Dating-Kontext.

Sie berichteten ebenfalls von Unzufriedenheit und Schuldgefühlen nach ihrer letzten sexuellen Begegnung mit einem Partner, allerdings nur bei Offline-Treffen.

Im Gegensatz zu einem ängstlichen Bindungsstil stand ein vermeidendes Verhalten nicht im Zusammenhang mit dem Gefühl, benutzt zu werden. Bei Personen mit einem stark vermeidenden Bindungsverhalten hängen die Gefühle nach sexuellen Begegnungen also möglicherweise stärker vom Kontext ab, in dem diese Begegnungen stattfinden.

Intimität kann mit negativen Gefühlen einhergehen

Frühere Forschungen haben gezeigt, dass Personen mit einem stark vermeidenden Bindungsverhalten dazu neigen, in Beziehungen, die als intimer wahrgenommen werden, nach dem Geschlechtsverkehr sehr negative Emotionen zu empfinden. Zudem neigen sie dazu, bei zunehmender Intimität auf Distanz zu gehen.

Die Psycholog:innen schlussfolgern, dass kontextuelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Intimität im Zusammenhang mit sexuellen Begegnungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, nach dem Geschlechtsverkehr negative Emotionen wie Schuldgefühle und Unzufriedenheit zu erleben.

Die Möglichkeit bei Online-Plattformen, Angaben zu persönlichen Präferenzen zu machen, kann Personen mit einem vermeidenden Bindungsstil dazu veranlassen, ihre Absichten direkter zu äußern, als sie es normalerweise in Offline-Situationen tun. Dies könnte erklären, warum Online-Begegnungen mit weniger negativen Erfahrungen (z. B. weniger Schuldgefühlen) verbunden sind als Offline-Erfahrungen.

Wie können unsicher Gebundene positive Erfahrungen beim Online-Dating machen?

Wie schätzt du dein Bindungsverhalten ein? Bist du eher der sichere oder der unsichere Bindungstyp? Wenn du dich als ein ängstlicher oder vermeidender Bindungstyp einschätzt und dich fragst, wie du positive Erfahrungen beim Online-Dating machen kannst, könnten dir unsere Expertentipps behilflich sein.

Laura Bonk aus Kansas City in den USA, Psychotherapeutin und Expertin in Sachen Bindungsverhalten und Beziehungen, verrät in einem Interview mit Fraulila tolle nützliche Tipps für Menschen mit einem unsicheren Bindungsstil.

Tipps für den ängstlichen Bindungstyp:

1. Bewusste Überlegungen

Bonk empfiehlt ängstlich gebundenen Menschen, sich ihren Erwartungen, die sie an die andere Person stellen, bewusst zu machen.

„Wenn ängstlich gebundene Menschen getriggert werden, übernimmt ihr Unterbewusstsein die Kontrolle. Sie sind dann nur in der Lage, sich auf den aktuellen Moment zu konzentrieren.“

„Wenn sich zum Beispiel jemand viel Zeit beim Zurückschreiben lässt, kann das beim ängstlichen Bindungstyp Ängste vor dem Verlassenwerden auslösen. Dies ist eine Traumareaktion. In einer solchen Situation wird alles andere ausgeblendet. Es fühlt sich so an, als würde man in diesem Moment feststecken“, erklärt die Therapeutin.

Dem kannst du laut Bonk entgegenwirken, indem du darüber nachdenkst, welche Erwartungen du stellen kannst. Du kannst dich beispielsweise fragen: “Wenn jemand wirklich an mir interessiert ist, wie oft sollte er/sie mir eine SMS schicken, damit ich mich gut und sicher fühle?”

„In der Dating-Phase einer Beziehung sind vier bis fünf Textnachrichten über den Tag verteilt eigentlich ganz gesund. Wenn wir diese Erwartung in unserem Bewusstsein verankert haben, fällt es uns leichter, mit der Angst umzugehen, wenn während der Dating-Phase einige Stunden keine Antwort kommt“, versichert Laura Bonk.

Dies treffe auch für die Erwartungen hinsichtlich der Tiefe der emotionalen Verbindung in der Dating-Phase zu.

2. Berücksichtige und kommuniziere deine Bedürfnisse

Darüber hinaus empfiehlt die Psychotherapeutin, dir deiner Bedürfnisse in einer Beziehung bewusst zu sein und diese bereits in der Dating-Phase zu kommunizieren: „Es ist wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und diese in einer gesunden Form zu kommunizieren. Dazu zählen die persönlichen Werte, Erwartungen und Vorlieben.“

Die Expertin betont, dass es wichtig ist, dass du für dich selbst einstehst und darauf achtest, dass dein Gegenüber auf deine Bedürfnisse eingeht, so wie du auch auf seine/ihre Bedürfnisse eingehst.

„Auf diese Weise werden das Selbstvertrauen, das Selbstwertgefühl und gesunde Interaktionen in einer Beziehung gefördert. Es ist gesund, Ansprüche zu haben! Es ist nur wichtig, diese auf eine gesunde Art und Weise zu kommunizieren. Beide Parteien in einer Beziehung haben Bedürfnisse, die von allen Beteiligten berücksichtigt werden müssen“, meint Laura Bonk.

3. Lege Grenzen fest

Weiterhin empfiehlt dir Laura Bonk, im Voraus Grenzen festzulegen. Entscheide, wie lange du Textnachrichten austauschen möchtest, bevor du dich mit deiner Online-Bekanntschaft triffst. Drei Wochen bis zu einem Monat sind laut Bonk eine gute Zeitspanne.

„Manchmal braucht eine Person mehr Zeit als die andere. Das ist in Ordnung. Man sollte sich aber eine eigene Grenze festlegen, wie lange man zu warten bereit sind, und sich auch daran halten.“

Ein weiterer Punkt, über den du dir Gedanken machen solltest, sind Absagen und wie häufig du sie verkraften kannst: „Das Leben passiert und es kommen Dinge dazwischen, aber wenn jemand mehr als 2 oder 3 Mal absagt, ist das ein Warnsignal. Was wir sehen, ist das, was wir bekommen. Wenn jemand nicht bereit ist, Zeit in eine Beziehung zu investieren, sollte man die Person bereits in der Dating-Phase gehen lassen. Eine Beziehung sollte nicht einseitig sein“, so die Expertin.

Mache dir außerdem Gedanken darüber, ob du es tolerieren möchtest, wenn deine Online-Bekanntschaft einfach “verschwindet” oder sich nicht meldet. Die Therapeutin empfiehlt, alle Dinge aufzuschreiben, die dich beim Online-Dating triggern. Um dich selbst zu schützen, solltest du dann Grenzen für solche Situationen festlegen.

Tipps für den vermeidenden Bindungstyp:

1. Setze dich mit deinen Erwartungen auseinander

Und auch dann, wenn du eher der vermeidende Bindungstyp bist, rät dir Laura Bonk, dich mit deinen Erwartungen ans Online-Dating auseinanderzusetzen. Wenn du dir eine feste Beziehung wünschst, solltest du das mitteilen. Zudem solltest du dein Gegenüber wissen lassen, dass du etwas Zeit brauchst, um dich zu öffnen.

Kommuniziere es auch, wenn du eher etwas Lockeres, weniger Ernstes und Unverbindliches suchst. So weiß deine neue Bekanntschaft, woran sie ist.

„Die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, wenn man jemanden neu kennenlernt, kann für einen vermeidenden Bindungstyp sehr schwierig sein. Es ist aber sehr wirkungsvoll“, versichert die Therapeutin.

Um mitzuteilen, wo deine Grenzen liegen, könntest du zum Beispiel sagen: “Ich brauche Zeit für mich alleine, um meine Batterien wieder aufzuladen. Das bedeutet nicht, dass ich mich von dir zurückziehe oder die Sache beenden will.”

„Wenn du dem/der anderen Person hilfst, dich besser zu verstehen, dann treten weniger Missverständnisse auf. So ersparst du euch viel Zeit, Energie und potenzielle Konflikte. Es hilft der anderen Person (die sehr wahrscheinlich ängstlich ist) wirklich zu verstehen zu geben, wo du stehst und welche Bedürfnisse du hast. Das schafft mehr Harmonie in der Beziehung“, hebt die Psychiaterin hervor.

2. Lerne dein Gegenüber kennen und stelle Fragen

„Vermeidend gebundene Personen, die oft etwas verschlossen sind und Zeit brauchen, sollten dies – wenn sie keine sonderlich emotionale Bindung wollen – der anderen Person mitteilen”, sagt die Expertin.

Wenn du dir aber eine emotionale Bindung wünschst, solltest du versuchen, deinem Gegenüber mehr Fragen zu stellen und herauszufinden, was er/sie sich von einer Beziehung wünscht und was er/sie braucht. Darüber hinaus ist es laut Bonk wichtig, deine Schwachstellen oder Stressfaktoren mitzuteilen. Wenn du deine Gefühle nicht mitteilst, weiß die andere Person nicht, dass sie dich mit ihrem Verhalten verletzt.

„Vermeidend gebundene Menschen reagieren oft empfindlich auf Kritik, was mit einer Menge Scham verbunden sein kann. Das sollte man die andere Person wissen lassen! Wenn man seine Gefühle nicht zum Ausdruck bringt, kann es leicht passieren, dass sie von der anderen Person unbemerkt bleiben.“

Laura Bonk empfiehlt dir, zu versuchen, offen zu sein und dich verletzlich zu zeigen. Das kann deinem Gegenüber helfen, achtsamer und respektvoller mit deinen Bedürfnissen umzugehen.

Du kannst diese Tipps auch beim Offline-Dating anwenden. Angesicht zu Angesicht ist es nämlich genauso wichtig, deine Bedürfnisse und Erwartungen zu kommunizieren und Grenzen zu setzen.

Fazit: Verstehe dich und dein Gegenüber besser

Unser Bindungsverhalten hat einen Einfluss auf unsere sexuellen Erfahrungen – denn unser Bindungstyp beeinflusst unser Verhalten in Beziehungen und damit auch unsere sexuellen Interaktionen.

Die verschiedenen Bindungstypen zu kennen, kann dir helfen, dich selbst und dein Gegenüber besser zu verstehen.

Es ist wichtig zu beachten, dass unser Bindungsverhalten und unsere sexuellen Erfahrungen individuell sind und nicht verallgemeinerbar. Ein Mensch kann beispielsweise eine starke Bindungsorientierung haben und trotzdem offen für unverbindliche sexuelle Erlebnisse sein, während ein anderer eine geringere Bindungsorientierung haben und dennoch enge, emotionale Beziehungen suchen und schätzen kann.

Es gibt viele Faktoren, die das sexuelle Verhalten einer Person beeinflussen können, das Bindungsverhalten ist nur ein Aspekt davon.

Expertin in diesem Artikel

  • Laura Bonk, psychologische Beraterin und Psychotherapeutin bei Heartland Therapy Connection

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