Pornos können das Glück religiöser Paare aufs Spiel setzen

Eine neue Studie untersuchte, welche Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Pornos, dem Suchtgefühl, Religiosität und dem Beziehungsglück bestehen.

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Auf einen Blick

  • Fokus auf Pornografiekonsum: In den letzten Jahren rückte das Thema Pornografie verstärkt in den wissenschaftlichen Fokus, besonders im Hinblick auf psychisches Wohlbefinden und Auswirkungen auf Partnerschaften.
  • Studie der Brigham Young University: Eine US-amerikanische kirchliche Universität untersuchte bisher unerforschte Aspekte wie religiöse Überzeugungen und Suchtgefühl im Zusammenhang mit Pornokonsum und Beziehungsglück.
  • Einfluss von Religiosität: Je religiöser eine Person ist, desto stärker ist der negative Einfluss von Pornokonsum auf die Beziehungsstabilität und die Wahrscheinlichkeit, sich selbst als pornosüchtig zu betrachten.
  • Kommunikation in Beziehungen: Expertin Jeanette Lorandini betont die Bedeutung offener Kommunikation in Beziehungen, um Pornografie und eigene Überzeugungen zu thematisieren und ein gesundes Beziehungsumfeld zu schaffen.

In den letzten zehn Jahren ist das Thema Pornografie immer mehr in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Das liegt insbesondere daran, dass die Debatte um den Einfluss von Pornografie auf unsere Gesellschaft immer mehr an Fahrt aufnimmt.

Der Konsum von pornografischen Inhalten hat im Laufe Zeit in den meisten Bevölkerungsteilen stark zugenommen. Nicht nur machen es der Zugang zum Internet und die Verbreitung von Mobilgeräten einfacher, Pornos anzuschauen. Auch die Akzeptanz von Pornografie in der Gesellschaft hat zugenommen.

Pornokonsum im Fokus der Wissenschaft

Ein Großteil der Forschung konzentriert sich auf die möglichen Auswirkungen von “normalem” bzw. problematischem Pornokonsum auf das psychische Wohlbefinden und die daraus resultierenden Folgen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Wissenschaftler:innen sind die Auswirkungen von Pornografie auf die Dynamiken in einer Partnerschaft (darunter die Beziehungs- und sexuelle Zufriedenheit, aggressives Verhalten gegenüber dem Partner / der Partnerin und die Scheidungswahrscheinlichkeit).

Eine kirchliche Universität führte eine Porno-Studie durch

In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Journal of Sex Research sind wir auf eine interessante Studie gestoßen. Zwei Wissenschaftler einer konfessionellen Universität in den USA, der Brigham Young University, die Teil des Bildungswesens der Kirche ist, nahmen sich das Thema Pornografie an.

Sie untersuchen bisher unerforschte Aspekte im Zusammenhang zwischen Pornokonsum (alleiniger, ohne Partner:in) und Beziehungsglück:

  • Der Einfluss von religiösen Überzeugungen und
  • das Suchtgefühl.

Zur Durchführung der Studie

Es handelte sich um eine Online-Umfrage, an der insgesamt 3.750 US-amerikanische Männer und Frauen teilnahmen. Die Teilnehmenden befanden sich zum Zeitpunkt der Studie in einer festen Beziehung.

Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmenden betrug 38 Jahre. Die durchschnittliche Beziehungsdauer lag bei 8,75 Jahren.

Mit 31 % nahmen mehrheitlich Protestanten an der Studie teil, 24 % hatten keine Religionszugehörigkeit und 18 % waren römisch-katholisch.

  • 33 % Prozent gaben an, nie an Gottesdiensten teilzunehmen
  • 22 % nahmen ein- oder zweimal pro Jahr daran teil
  • 15 % mehrmals pro Jahr
  • 12 % mindestens monatlich
  • 18 % wöchentlich.

Die Ergebnisse der Untersuchung

Die Studienergebnisse zeigen inkonsistente Zusammenhänge zwischen dem Gebrauch von Pornos und der Beziehungszufriedenheit auf. Ob Pornokonsum mit Beziehungsunzufriedenheit einhergeht, ist kontextabhängig. Darauf deuten auch Studien aus früheren Jahren.

So zeigen beispielsweise Studienergebnisse aus dem Jahr 2018, dass Pornografiekonsum mit einer geringeren Beziehungszufriedenheit einhergehen kann. Andere Studien, wie etwa eine aus dem Jahr 2020, konnten hingegen keinen solchen Zusammenhang feststellen.

Die Ergebnisse der neuen Studie der Brigham Young University untermauern dieses Phänomen.

1. Häufiger Pornogebrauch geht mit geringerer Beziehungszufriedenheit einher

Die Studienergebnisse der kirchlichen Universität deuten darauf hin, dass insbesondere ein häufiger Pornokonsum, der ohne den Partner oder die Partnerin stattfindet, in Zusammenhang mit einer geringeren Beziehungszufriedenheit steht.

Die Studienautoren merken allerdings an, dass die Feststellung dieses Zusammenhangs alleine keine Schlüsse darüber zulässt, ob ein häufiger Pornografiekonsum zu einer geringeren Beziehungszufriedenheit führt. Es könnte auch sein, dass eine geringere Beziehungszufriedenheit zu häufigem Pornografiekonsum führt.

2. Pornos können die Erwartungen an eine Beziehung verändern

Die Forschenden verweisen auf Studienergebnisse aus dem Jahr 2009. Diese zeigen, dass das Drehbuch und die Inhalte der meisten Pornos (zwanglose sexuelle Begegnungen mit mehreren Partnern) die Erwartungen, die an eine Partnerschaft und den Geschlechtsverkehr gestellt werden, so verändern können, dass die Beziehungsstabilität darunter leidet.

In ihrem Studienbericht betonen die Wissenschaftler, dass insbesondere der regelmäßige Konsum von pornografischen Inhalten die Erwartungen verändern kann. Es könne aber auch sein, dass Personen, die instabile Beziehungen führen, Pornografie nutzen, um Beziehungsstress zu bewältigen. Welcher Aspekt dem anderen vorausgeht, ist nicht klar.

3. Religiöse Menschen glauben eher, pornosüchtig zu sein

Weiterhin wurde untersucht, ob ein hoher Pornografiekonsum mit der Überzeugung einhergeht, pornosüchtig zu sein und ob ein solcher Zusammenhang mit einer schlechten Beziehungsqualität verbunden ist.

Die Studienergebnisse bestätigen einen solchen Zusammenhang, allerdings nur hinsichtlich der Beziehungsstabilität.

Die Analysen machen deutlich, dass dieser Zusammenhang im Besonderen bei religiösen Personen besteht. Je religiöser eine Person ist, desto mehr Einfluss hat der Pornokonsum auf die Beziehungsstabilität.

Auch der Glaube, pornosüchtig zu sein, ist bei religiösen Menschen stärker ausgeprägt. Der Grad der Religiosität sagte die Wahrscheinlichkeit voraus, dass eine Person sich selbst als pornosüchtig ansieht, unabhängig von der Menge der konsumierten Pornos.

4. Vor allem bei religiösen Menschen geht Pornokonsum mit Beziehungsproblemen einher

Die Forscher erläutern, dass religiöse Menschen, die sich Pornos ansehen und eine Sucht diesbezüglich wahrnehmen, oftmals das Gefühl haben, etwas Unmoralisches zu tun. Die negative Bewertung des eigenen Verhaltens könne Stress und negative Gedanken verursache. Dies mache es wiederum wahrscheinlicher, dass der Konsum als belastend empfunden wird.

Schamgefühle und Gewissensbisse können laut der Wissenschaftler Beziehungsängste verstärken. Diese Beziehungsängste können sich in ungesunden Beziehungsdynamiken widerspiegeln, was im Gegenzug die Stabilität der Beziehung beeinflussen kann.

Aber auch religiöse Personen, die sich selbst nicht als pornosüchtig einschätzten, hatten stärkere Beziehungsängste. Bei Personen, die nicht religiös waren und sich nicht als pornosüchtig empfanden, waren keine negativen Folgen mit dem Pornokonsum verbunden.

Was der/die Partner:in über Pornos denkt, könnte Einfluss haben

Die Forschenden halten es für möglich, dass die Liebespartner:innen zu den in der vorliegenden Studie gefundenen Zusammenhängen beitragen.

Partner:innen von Personen mit einem hohen Pornokonsum könnten eine ähnlich negative Wahrnehmung des Pornokonsums ihres Partners bzw. ihrer Partnerin haben und ihn/sie unabhängig von den tatsächlichen Verhaltensmustern als süchtig abstempeln.

Eine solche Überzeugung kann ein Beziehungsumfeld schaffen, das mit der Zeit instabiler wird. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich Pornos alleine und nicht mit dem Partner/ der Partnerin angesehen werden.

Noch gibt es keinen Studien, die die wahrgenommene Sucht gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin untersucht haben. Allerdings könnte dies ein weiterer Aspekt sein, der verstärkt, dass die wahrgenommene Sucht einen negativen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen dem Pornokonsum und der Beziehungsstabilität hat.

Hat das Geschlecht einen Einfluss?

Außerdem wurde untersucht, ob das Geschlecht einen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Pornosucht und der Beziehungsqualität hat. Allerdings konnten keine Geschlechterunterschiede festgestellt werden.

Andere Studienarbeiten belegen zwar Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Nutzung von Pornografie und den damit verbundenen Beziehungsdynamiken. Viele dieser Unterschiede wurden jedoch in Zusammenhang mit sexuellen Dynamiken gefunden.

So ist zum Beispiel die Nutzung von Pornografie bei Frauen unabhängig vom Geschlecht des Partners mit einem höheren sexuellen Verlangen verbunden, wie eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigt.

Zusammenhänge zwischen dem Konsum von pornografischen Inhalten und der Beziehungsstabilität konnten nur in geringen Maßen festgestellt werden. Studienergebnisse aus dem Jahr 2021 belegen lediglich, dass bei Männern ein höherer Pornografiekonsum mit Beziehungsproblemen einhergeht.

Ob man pornosüchtig ist, ist schwer einschätzbar

Die Studienautoren der Brigham Young University merken an, dass die Studienteilnehmenden womöglich nicht richtig einschätzen konnten, ob eine Pornosucht besteht. Dies könnte dazu geführt haben, dass keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gefunden wurden.

Die Studienergebnisse zeigen allerdings, dass ein Zusammenhang zwischen einem hohen Pornokonsum und einer hohen wahrgenommenen Abhängigkeit sowohl bei Männern als auch bei religiösen Personen stärker ausgeprägter war.

Da ein problematischer Pornokonsum eher mit Männern in Verbindung gebracht wird, könne es sein, dass Männer eher dazu neigen, ihren eigenen Pornokonsum als problematisch anzusehen als Frauen.

Eine Expertenmeinung zur Studie

Laut Jeanette Lorandini, klinischer Sozialarbeiterin und Verhaltenstherapeutin aus New York City, zeigen die Studienergebnisse, wie wichtig es ist, den Konsum von Pornografie in einer Beziehung zu thematisieren.

„Pornografie kann sich negativ auf die Beziehung auswirken – insbesondere, wenn man religiös ist und Schamgefühle gegenüber dem eigenen Pornokonsum bestehen. Es ist wichtig, dass Paare den Umgang mit Pornografie thematisieren, über ihre Überzeugungen sprechen und gegebenenfalls Regeln miteinander vereinbaren“, meint Lorandini.

Die Expertin betont, wie wichtig es ist, einen sicheren Raum schaffen, in dem beide Partner ihre Gedanken und Gefühle über ​​die Nutzung von Pornografie oder andere sexuelle Ausdrucksformen offen und ehrlich und ohne Angst vor Verurteilung äußern können.

Das Verständnis und der Respekt für die Überzeugungen des anderen könne außerdem zu einer gesünderen sexuellen Dynamik in der Beziehung beitragen.

Beziehungsprobleme bewältigen und gesündere Gewohnheiten entwickeln

Für Menschen, die das Gefühl haben, dass Pornografie zu einer ungesunden Obsession oder einem ungesunden Lebensstil geworden ist, kann es der Therapeutin nach hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Beziehungsprobleme zu bewältigen und gesündere Gewohnheiten zu entwickeln.

„Letztendlich ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass eine offene Kommunikation der Schlüssel ist, wenn es darum geht, schwierige Themen wie den Pornokonsum in einer Beziehung zu bewältigen“, so Lorandini.

Sexualverhalten mit Werten in Einklang bringen

Jeanette Lorandini hebt hervor, dass religiöse Überzeugungen die Einstellung und das Verhalten in Bezug auf Sexualität prägen und beeinflussen können.

„Jede religiöse Tradition hat ihre eigenen Ansichten zu Themen wie vorehelichem Sex, Ehebruch, Pornografie und anderen Formen des sexuellen Ausdrucks. Es ist wichtig, dass man seine eigenen Werte und Überzeugungen zu diesen Themen kennt, um Entscheidungen darüber treffen zu können, wie man sein Sexualverhalten mit diesen Werten in Einklang bringen kann“, meint die New Yorker Therapeutin.

Fazit: Es kann helfen, Pornografie und Religiosität als getrennte Dinge zu betrachten

Abschließend hält die Expertin fest, dass jeder Mensch seine eigenen religiösen Überzeugungen und Werte hat, die respektiert werden sollten. Es kann hilfreich sein, sich seiner Gefühle in Bezug auf den Pornokonsum bewusst zu machen und Entscheidungen zu treffen, die sich am besten mit den eigenen Überzeugungen vereinbaren lassen.

Es könne allerdings auch hilfreich sein, Pornografie und Religiosität als voneinander getrennte Dinge zu betrachten, anstatt sie gegensätzlich zu sehen. Lorandini ist der Meinung, dass Pornos nicht nur Risiken, sondern auch Vorteile für eine Beziehung haben können.

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