Flirts und Untreue: Wie soziale Netzwerke Beziehungen auf die Probe stellen
Eine Studie zeigt, wie Abwerbungsversuche einer attraktiven Person der Beziehung schaden können
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Eine Studie zeigt, wie Abwerbungsversuche einer attraktiven Person der Beziehung schaden können
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Du steckst in einer festen Beziehung und bist glücklich? Dann wirst du es wahrscheinlich nicht auf einen Fremdflirt anlegen. Warum auch, das könnte schließlich deine:n Partner:in verletzen und deine Beziehung gefährden.
Doch auch wenn du keinerlei Interesse daran hast, mit einer anderen Person zu flirten und deine Aufmerksamkeit voll und ganz deinem Partner bzw. deiner Partnerin gilt, kann es trotzdem passieren, dass du von jemandem angeflirtet wirst. Zum Beispiel online, auf den sozialen Medien.
Das kann zum Beispiel ein “Gefällt mir” zu einem deiner Beiträge sein, den du vor längerer Zeit gepostet hast, ein zufälliger Kommentar oder auch eine Privatnachricht. Solche Online-Interaktionen sind im Grunde harmlos, jedoch kann es durchaus sein, dass man gelegentlich Nachrichten erhält, die mit einem Hintergedanken verfasst wurden.
Vielleicht chattest du dann auch mit der anderen Person, ohne ihre Intention zu erkennen. Und wenn du erkennst, was die Person im Schilde führt, weist du sie womöglich zurück oder sagst ihr, dass du glücklich vergeben bist.
Solche Interaktionen haben eigentlich keine große Bedeutung – oder?
Nur weil du mit jemandem online chattest, betrügst du deinen Partner nicht, schließlich hast du diese Aktion nicht selbst in die Wege geleitet, sondern einfach nur darauf reagiert.
Eine neue im Personal Relationships Journal veröffentlichte Studie aus Israel zeigt jedoch, dass es durchaus Auswirkungen auf deine Beziehung haben kann, wenn du online angeflirtet (bzw. aktiv abgeworben) wirst – insbesondere dann, wenn es sich um eine attraktive Person handelt.
Tatsächlich ist das Abwerben von Partnern nichts Ungewöhnliches, sondern sogar weit verbreitet, wie zahlreiche Studien zeigen.
So gaben beispielsweise bei einer Studie aus dem Jahr 2021 von 236 Studienteilnehmenden 64 % der Männer und 49 % der Frauen an, bereits einmal versucht zu haben, eine Person abzuwerben, die sich in einer Beziehung befand. Davon waren 43 % der Männer und 49 % der Frauen sogar erfolgreich.
Gurit E. Birnbaum, Psychologieprofessor der Reichman University in Israel, untersuchte anhand von zwei Studien, welche Auswirkungen es auf eine Beziehung hat, wenn man online abgeworben wird.
Birnbaum untersuchte in seinen beiden Studien
Die Studie wurde mit 130 Psychologiestudierenden durchgeführt.
Für die beiden Studien chatteten die Teilnehmenden, die sich in Partnerschaften befanden, online mit einer Person des anderen Geschlechts, die sich flirtend verhielt.
Bei der ersten Studie füllten die Studienteilnehmenden anschließend einen Fragebogen aus, mit welchem gemessen wurde, wie sie ihre:n Partner:in wahrnehmen.
Bei der zweiten Studie wurden die Teilnehmenden gebeten, die erste sexuelle Fantasie zu beschreiben, die ihnen nach der Online-Interaktion mit der abwerbenden Person in den Sinn kam. Anhand dieser Fantasien wurde ermittelt, wie sehr sich die Studienteilnehmenden zu ihrem/ ihrer Partner:in bzw. einem/ einer alternativen Partner:in hingezogen fühlen.
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass Abwerbeversuche im Internet von einer attraktiven Person einen Rahmen schaffen, der sich potenziell negativ auf eine Beziehung auswirken kann und Personen in Beziehungen anfälliger für Untreue macht.
Doch warum zeigen Abwerbungsversuche von attraktiven Personen Wirkung, wenn man sich eigentlich in einer festen und glücklichen Partnerschaft befindet?
Forschende aus Kanada und den Niederlanden erklären, dass Personen, die sich in einer monogamen Beziehung befinden, oft einen inneren Konflikt haben: einerseits möchten sie sich an den/ die aktuelle:n Partner:in binden, andererseits sind sie sich bewusst, dass es auch andere attraktive Personen gibt, die für eine Partnerschaft infrage kommen würden.
Aus wissenschaftlicher Sicht bietet das Eingehen einer Beziehung mit einer attraktiven alternativen Person mehrere Vorteile (z. B. einen höheren Status und eine erfolgreiche Fortpflanzung), was erklärt, warum attraktive Personen unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen und wir sie stärker begehren als weniger attraktive Personen.
Auf die Abwerbeversuche einer attraktiven Person einzugehen, ist jedoch auch mit einem gewissen Risiko verbunden: So ist das Risiko erhöht, dass man seinem/ seiner Partner:in fremdgeht oder dass es zu Reibungen in der Beziehung kommt (auch wenn man nicht fremdgeht), weil beispielsweise Zweifel an der Beziehung aufkommen und man glaubt, mit einer anderen Person glücklicher sein zu können.
In dieser Hinsicht kann es von Vorteil sein, die bestehende Beziehung aufrechtzuerhalten und nicht auf die flirtende Person einzugehen.
Eine Studie aus dem Jahr 2008 zeigt, dass psychologische Prozesse dabei helfen, die Bindung an eine:n langfristige:n Partner:in aufrechtzuerhalten – insbesondere, wenn man mit attraktiven alternativen Beziehungspartnern konfrontiert wird.
So sind unbewusste Mechanismen, die bei der visuellen Wahrnehmung einer solchen Person aktiv werden, dafür verantwortlich, dass wir “attraktiven Alternativen” weniger Aufmerksamkeit schenken.
Personen in Beziehungen, die auf Personen treffen, die als alternative Partner infrage kommen, neigen Forschenden zufolge dazu, diese als weniger attraktiv wahrzunehmen, ihnen ihren Beziehungsstatus offenzulegen und weniger Interesse an einer Interaktion mit ihnen zu zeigen (anders als Singles).
Diese Schutzmechanismen sind allerdings oft nicht sonderlich erfolgreich, wenn man bedenkt, dass Untreue als Hauptscheidungsgrund gilt. Auch wurde eine steigende Nachfrage nach Online-Anwendungen festgestellt, die es erleichtern, Personen für eine Affäre kennenzulernen.
Und nichtsdestotrotz gehen Schätzungen zufolge rund 10 bis 15 Prozent der Beziehungen aus einer Abwerbung hervor.
Dass unsere Schutzmechanismen nicht wirken, ist laut Wissenschaftlern auf bestimmte Umstände zurückzuführen, die dazu verleiten, auf Abwerbeversuche alternativer Partner und Flirts einzugehen.
Wie eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, erleichtert das Internet (insbesondere die sozialen Medien) den Kontakt zu alternativen Partnern, zudem können Online-Interaktionen mit diesen leicht vor dem/ der aktuellen Partner:in geheimgehalten werden.
Das Internet erleichtert es aber nicht nur, mit alternativen Partnern in Kontakt zu treten, sondern auch speziell mit denen, die bereits eine Beziehung haben.
Dies alleine bedeutet jedoch nicht, dass die eben beschriebenen Schutzmechanismen ihre Wirkung verlieren und man fremdgeht, sobald man feststellt, dass eine attraktive Person Interesse zeigt.
Abwerbeversuche können letztlich aber erfolgreich sein, wenn nicht nur das Interesse bekundet wird, sondern sich auch aktiv darum bemüht wird, die Person, der das Interesse gilt, von ihrem Partner wegzulocken.
So ist der Aufbau einer Freundschaft eine Verführungstaktik, die die Partnerabwerbung erleichtert (indem man sich z. B. hilfsbereit verhält oder eine emotionale Bindung aufbaut).
Personen, die auf diese Weise abgeworben werden, neigen dazu, sich weniger stark zu ihrem/ ihrer aktuellen Partner:in hingezogen zu fühlen und im Laufe der Zeit ein größeres Verlangen nach dem/ der anderen Person zu verspüren.
Eine Studie aus dem Jahr 2013 zeigt, dass Abwerbeversuche erfolgreicher sind, wenn man eng mit dem “Zielobjekt” befreundet ist und weniger wirksam, wenn man sich nur flüchtig kennt.
Eine andere Studie deckte weitere Strategien und Taktiken auf, die bei Abwerbungsversuchen eingesetzt werden. Männern versuchen es gerne mit Humor, Großzügigkeit oder Komplimenten, während Frauen versuchen eine Person abzuwerben, indem sie Sex leicht zugänglich machen (insbesondere wenn nur an einem One-Night-Stand Interesse besteht) oder offen darüber sprechen, einen neuen Partner zu suchen.
In einem Interview mit dem Beziehungs- und Dating-Experten Hunt Ethridge aus New York möchten wir genauer erfahren, warum Abwerbungsversuche auch dann erfolgreich sein können, wenn sich die Person, der das Interesse gilt, in einer stabilen Beziehung befindet.
„Menschen lieben es einfach, wertgeschätzt, bestätigt, anerkannt, angehört, respektiert und begehrt zu werden. Eine solche Aufmerksamkeit zu bekommen löst in uns berauschende Gefühle aus und setzt alle möglichen Hormone frei, wie etwa Serotonin, Dopamin und manchmal auch Cortisol und Oxytocin. Wir reagieren positiv auf jeden, der uns solche Gefühle gibt“, erklärt Ethridge.
„Eine “stabile” Beziehung kann allerdings auch eine reife, vorhersehbare und langweilige Beziehung bedeuten. Wenn dann plötzlich durch eine andere Person berauschende Gefühle in uns ausgelöst werden, macht das natürlich etwas mit uns.“
Ob man letztlich auf einen Flirt eingeht, ist laut Ethridge abhängig davon, worauf man Wert legt.
„Manche Menschen genießen es einfach sehr, wenn sie Aufmerksamkeit bekommen und begehrt werden und stellen sich dann vielleicht die Frage, was ihnen wichtiger ist. Die stabile und liebevolle, wenn auch langweilige Beziehung oder die aufregende neue Chance, die sich bietet.“
Der Beziehungsexperte erklärt, dass es auf diese Frage nicht unbedingt eine richtige oder falsche Antwort gibt, sondern nur unterschiedliche Betrachtungsweisen.
„Kann dir dein:e eigene:r Partner:in solche Gefühle, die die andere Person in dir auslöst, nicht geben, ist da natürlich ein Bedarf. Diesen darf man allerdings auch zum Ausdruck bringen.“
Ein Gespräch mit dem/ der Partner:in könnte laut Hunt Ethridge beispielsweise so aussehen: „Hey Schatz, du hast mir immer gesagt, wie schön ich bin und dass du die Finger nicht von mir lassen kannst. Ich weiß, dass wir keine Teenager mehr sind, aber ich würde mich freuen, wenn du mir wieder solche Sachen sagen würdest, das gibt mir ein tolles Gefühl und ich fühle mich dann schön.“
Ein aufmerksamer, liebevoller Partner wird sich bemühen, auf diesen Wunsch einzugehen, meint Ethridge. Doch wie kann man verhindern, dass einem der eigene Partner nicht ausgespannt wird?
Der Beziehungsexperte meint, dass man es nicht verhindern kann, dass eine andere Person den/ die eigene Partner:in anflirtet und abwirbt.
Man kann sich lediglich darum bemühen, die emotionalen und körperlichen Bedürfnisse des Partners so gut wie möglich zu befriedigen (und dass die eigenen Bedürfnisse erfüllt werden). Auf diese Weise ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass der/ die Partner:in in Versuchung gerät, auf einen Fremdflirt einzugehen.
Die sozialen Medien bringen nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile mit sich. Sie helfen uns nicht nur, uns mit anderen Menschen zu vernetzen, sondern auch, um auf alternative Partner aufmerksam zu werden und mit diesen in Kontakt zu treten.
Die Studienergebnisse des Psychologieprofessors aus Israel zeigen, dass eine attraktive Person, die über die sozialen Medien Abwerbungsversuche unternimmt, einer Beziehung durchaus gefährlich werden kann.
So können Online-Interaktionen mit einer Person, die Abwerbeversuche unternimmt, auf einer unbewussten Ebene wirken und dazu führen, dass der/ die aktuelle Partner:in weniger attraktiv wahrgenommen wird und gleichzeitig das Interesse an der anderen Person erhöht wird.
Jedoch führt gutes Aussehen alleine nicht unbedingt zur Untreue. Vielmehr sind aktive Abwerbeversuche erforderlich, um Schutzmechanismen, die zur Aufrechterhaltung der Beziehung wirken, zu durchbrechen.
Die Studienergebnisse sind allerdings nur begrenzt aussagekräftig, da die Studie in einem kontrollierten und nicht in einem natürlichen Umfeld stattfand. Sie zeigen nur, unter welchen Umständen Online-Interaktionen mit einer attraktiven Person einen Anstoß dazu geben können, einer Versuchung nachzugeben und nicht, ob man wirklich fremdgeht.
Zudem erfasste die Studie nicht, wie es um die Beziehung der Studienteilnehmenden stand. Führten die Teilnehmenden eine sehr enge Beziehung, eine Ehe oder eine Fernbeziehung und hatte die Partnerschaft gerade erst begonnen oder kriselte es vielleicht bereits? Dies ist definitiv ein Faktor, der Einfluss darauf nehmen kann, ob man auf einen Fremdflirt eingeht oder nicht.
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