Sexting kann eine Partnerschaft in vielerlei Hinsicht bereichern, zeigt eine neue Studie
Partner:innen, die häufig miteinander sexten, sind zufriedener mit ihrem Sexleben
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Partner:innen, die häufig miteinander sexten, sind zufriedener mit ihrem Sexleben
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Hast du schon mal zweideutige, pikante Messages oder vielleicht auch anzügliche Fotos von dir an deine:n Partner:in verschickt?
Falls nicht, könnte es gut sein, dass dich dieser Beitrag dazu inspirieren wird. Denn wie die Wissenschaft zeigt, gibt es gute Gründe, zu “sexten”.
Kommunikation ist alles und spielt nicht nur in einer gesunden Beziehung eine wichtige Rolle – sondern auch beim Sex.
Das virtuelle Kommunizieren über sexuelle Themen – sprich der Dirty Talk per Textnachrichten, Videos oder E-Mails – ist nicht nur eine äußerst beliebte Methode, um einen Flirt anzuheizen. Auch in Partnerschaften wird Sexting (ein Wortmix aus “Sex” und “texting”) häufig genutzt, um den/ die Partner:in scharfzumachen oder auch um eine Fernbeziehung zu pflegen.
Eine Studie zeigt, dass rund 82 % bis 88 % der Erwachsenen Sexting betreiben. Sexting ist offensichtlich eine sehr beliebte Form der Kommunikation in einer Beziehung, sodass diese Thematik großen Anklang in der Wissenschaft gefunden hat.
Als Forschende begannen, sich mit Sexting zu befassen, konzentrierten sie sich in erster Linie auf die damit einhergehenden potenziellen Risiken (z. B. Teenager, die unter Druck gesetzt werden, Nacktfotos zu verschicken, oder Erwachsene, die ihre Partner hintergehen und mit anderen Personen sexten).
Im Laufe der Zeit haben Sexting-Forschende jedoch herausgefunden, dass Sexting auf gesunde und sogar beziehungsfördernde Weise genutzt werden kann. Und obwohl Sexting oft als etwas angesehen wird, das im Zusammenhang mit dem Kennenlernen und in der Anfangsphase einer Beziehung passiert, berichten auch Personen in längerfristigen, festen Partnerschaften (einschließlich Verheirateter), dass sie Sexting praktizieren.
In Vergangenheit gab es bereits einige Untersuchungen über die Nutzung von SMS-Nachrichten zur Kommunikation in festen Beziehungen. Diese haben gezeigt, dass Textnachrichten die Zufriedenheit in der Beziehung verbessern und Paaren helfen können, sich stärker verbunden zu fühlen.
Die Ergebnisse einer neuen im Journal of Sexual Medicine veröffentlichten Studie von Amanda Baker des Widener University Center for Human Sexuality Studies in den USA machen nun deutlich, dass sich auch “sexy Unterhaltungen” per Textnachricht, Foto und Video in vielerlei Hinsicht positiv auf eine Partnerschaft auswirken und die Beziehungszufriedenheit steigern können.
Baker interessierte insbesondere, wie sich die Sexting-Häufigkeit auf die folgenden vier Beziehungsaspekte auswirkt:
Für die Studie wurden 465 Studienteilnehmer:innen im Alter von 19 bis 75 Jahren in langfristigen monogamen Beziehungen befragt. Die meisten der Teilnehmenden gaben an, mit ihrem/ ihrer Partner:in in einem Haushalt zu leben.
Die Studienteilnehmenden berichteten, dass sie Sexting nutzen, um zu flirten oder Spannung zwischen ihnen und ihrem Partner bzw. ihrer Partnerin aufzubauen – was mit einem positiven Empfinden des Sexlebens in der Partnerschaft einhergeht, wie die Studienergebnisse ersichtlich machen.
Diesen Effekt erklärt die Studienautorin damit, dass Sexting eine Methode ist, die Paaren dabei hilft, eine Verbindung aufzubauen und das sexuelle Begehren anregt, was wiederum die sexuelle Zufriedenheit fördert.
Indem dem/ der Partner:in über Textnachrichten, Fotos oder Videos die sexuellen Wünsche mitgeteilt werden, baut dies nicht nur Spannung auf, sondern führt bestenfalls auch dazu, dass die Wünsche erfüllt werden, was ein weiterer wichtiger Faktor für die sexuelle Zufriedenheit ist.
Die Technologie kann Barrieren brechen, denn ohne die physische Anwesenheit des Partners bzw. der Partnerin kann das Schamgefühl abnehmen. Durch den offenen Austausch beim Sexting, beispielsweise über intime Themen wie Sexfantasien, wird echte Intimität in einer Beziehung geschaffen.
Zudem bringt Sexting frischen Wind in die Beziehung und kann für Spaß im Beziehungsalltag sorgen, was laut Baker ebenfalls förderlich für die Beziehungszufriedenheit ist.
Durch (häufige) Bestätigung seitens des Partners wird zudem das Selbstbewusstsein gestärkt, was genauso die Beziehungszufriedenheit steigert. Sexting kann außerdem dabei helfen, sich seinem Partner verbundener zu fühlen, wenn man örtlich voneinander getrennt ist, sei es für eine längere Zeit oder nur während der Arbeit.
Eine gute Kommunikation und Intimität sind zwei für die Beziehungszufriedenheit wichtige Elemente – Sexting kann diese beiden Aspekte in einer Beziehung verbessern. Und wenn die Beziehungszufriedenheit steigt, hat das auch einen Einfluss auf die sexuelle Zufriedenheit.
Die Zufriedenheit mit der sexuellen Kommunikation in einer Beziehung hängt davon ab, ob man seine Wünsche und Bedürfnisse gegenüber dem/ der Partner:in ausdrücken kann.
Sexting kann das Kommunizieren über sexuelle Thematiken wie etwa sexuelle Bedürfnisse einfacher machen, was folglich die Zufriedenheit hinsichtlich der sexuellen Kommunikation innerhalb einer Partnerschaft erheblich steigern kann.
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Personen, die von Unzufriedenheit hinsichtlich der sexuellen Kommunikation innerhalb der Partnerschaft berichten, auch generell unzufrieden mit der sexuellen Beziehung sind. Also auch auf diese Weise beeinflussen sich diese beiden Faktoren gegenseitig.
Indem es Sexting Partnern erlaubt, sich gegenseitig zu öffnen und verletzlich zu zeigen sowie Intimitäten zu teilen, kann auch die Qualität der allgemeinen Kommunikation in der Partnerschaft verbessert werden. Die Studienergebnisse legen nahe, dass häufiges Sexten diesen Effekt verstärken kann.
Andere Untersuchungen zum Austausch von Textnachrichten haben gezeigt, dass Personen, die ihre Zuneigung über Textnachrichten zum Ausdruck bringen, ihre Kommunikation in Person als positiver und weniger konfliktreich empfinden. Eine weitere Studie zeigt, dass Männer, die mit ihren Partnerinnen per Textnachrichten flirten, sich auf diese Weise beruhigen oder entspannen.
Baker ist der Meinung, dass sich Sexting in gleicher Weise positiv auf die Kommunikation in einer Partnerschaft auswirken kann.
Eine Komponente, die Einfluss auf die Sexting-Häufigkeit hat, ist der Bindungsstil einer Person, der ebenfalls Gegenstand der Studie von Amanda Baker war.
Denn der Bindungsstil spielt eine wichtige Rolle in der Kommunikation von Paaren, wie eine Studie aus dem Jahr 2006 zeigt, die auf der Bindungstherorie des britischen Psychoanalytikers und Kinderpsychiaters John Bowlby aufbaut.
Die Bindungstheorie geht davon aus, dass die Art der Bindung eines Kindes zu seinen Bezugspersonen einen wesentlichen Einfluss auf spätere Beziehungen und Bindungsweisen hat.
Es werden zwei Haupttypen von Bindungen bei Erwachsenen unterschieden: sicher und unsichere.
Eine unsichere Bindung kann entstehen, wenn sich die Eltern dem Kind eher gleichgültig verhalten oder nicht ausreichend auf das Kind eingehen. Und auch dann, wenn das Kind überbehütet wird, ist das nicht unbedingt förderlich, da es sich so sich nicht selbstständig entwickeln kann.
Ein unsicherer Bindungsstil kann sich in einem ängstlichen und vermeidenden Verhalten äußern. Unsicher gebundene Personen brauchen meist viel Bestätigung und Sicherheit von ihrem Partner und haben oft Angst, verlassen zu werden und halten daher oftmals eine gewisse Distanz zum Partner.
Eine sichere Bindung kann entstehen, wenn die Eltern schnell, angemessen und verlässlich auf die Bedürfnisse des Kinds reagieren. Beispielsweise wenn ein Kind schreit oder weint, bekommt es innerhalb weniger Sekunden Aufmerksamkeit und Trost.
Sicher gebundene Personen fühlen sich in ihrer Beziehung zufriedener sowie sicherer, unabhängig davon, wie viel Zeit sie mit ihrem Partner verbringen. Ein sicherer Bindungsstil kann sich außerdem in einem stärkeren Selbstbewusstsein und einem ausgeprägteren Gefühl von Unabhängigkeit äußern.
Entgegen der Erwartung der Studienautorin, dass sicher gebundene Personen Sexting nutzen, um eine gesunde Beziehung aufrechtzuerhalten und daher häufiger sexten als unsicher gebundene Personen, sind es die unsicher gebundenen Studienteilnehmer:innen, die häufiger sexten.
Dr. Raffaello Antonino, Psychologe und Clinical Director aus London erklärt in einem Gespräch mit Fraulila: „Eine sichere Bindung und die damit geringe Sorge, verlassen, zurückgewiesen oder betrogen zu werden, kann das Bedürfnis, das Sexting befriedigen könnte, verringern. “
„Sicher gebundene Personen sind eher in der Lage, ihrem Alltag nachzugehen, ohne übermäßig an ihren Partner denken (und sich Sorgen machen) zu müssen, es sei denn natürlich, es gibt einen guten Grund dafür.“
Sicher gebundene Menschen seien in der Regel auch weniger impulsiv und können warten, bis ihre Bedürfnisse befriedigt werden, einschließlich der sexuellen Bedürfnisse. Diese Faktoren können uns also helfen zu verstehen, warum eine Person, die weniger sicher gebunden ist, häufiger sextet.
Dies liege laut Antonino daran, dass Sexting in gewisser Weise eine Möglichkeit darstellt, sich begehrt zu fühlen, was das Bedürfnis nach Akzeptanz nährt, nach dem sich unsicher gebundene Personen so sehr sehnen.
„Man kann außerdem annehmen, dass in Beziehungen, die gerade erst begonnen haben, häufiger gesextet wird. Zum einen wegen des Nervenkitzels in der “Honeymoon-Phase” und zum anderen, weil zu Beginn einer Beziehung selbst diejenigen, die normalerweise eine sichere Bindung haben, eine gewisse Unsicherheit verspüren können.“
Dr. Raffaello Antonino, der sich die Studienergebnisse von Baker genauer angesehen hat, betont, dass die Zuverlässigkeit und Verallgemeinerbarkeit der Studienergebnisse von Baker in Frage gestellt werden sollten, da ihre Stichprobe nicht unbedingt repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung der Erwachsenen sei.
Außerdem sei der positive Effekt durch Sexting auf die Beziehungsqualität ziemlich gering, was zum einen bedeute, dass Sexting nicht bei jedem die Beziehung verbessert, und selbst wenn es eine Beziehung verbessert, könnte der Effekt tatsächlich ziemlich schwach sein. Mit anderen Worten: Die Ergebnisse von Baker sind interessant, aber nicht eindeutig.
Um eindeutige Schlussfolgerungen ziehen zu können, sind also weitere Untersuchungen mit größeren, randomisierten Stichproben erforderlich.
Es gibt eine weitere Studie in diesem Bereich, die neben anderen Variablen untersuchte, welchen Zusammenhang es zwischen Sexting, dem “Relationship Commitment” (also inwiefern eine Beziehung eher locker oder “ernst” ist) und der Beziehungszufriedenheit gibt.
Die Ergebnisse zeigen, dass Sexting die Beziehungszufriedenheit nur in “Low Commitment”-Beziehungen erhöht, also eher lockeren Beziehungen, während es in “High Commitment”-Beziehungen (“ernste” und feste Beziehungen) keine (positive oder negative) Rolle spielt.
Dieses Ergebnis scheint das zu bestätigen, was bereits erwähnt wurde: Sexting kann in Beziehungen mit geringer Bindung eine wichtigere Rolle spielen und dabei helfen, das Bedürfnis zu kompensieren, sich gewollt, akzeptiert und begehrt zu fühlen.
Die Ergebnisse der Studie von Amanda Baker sind durchaus interessant und inspirieren dazu, Sexting auszuprobieren. Selbstverständlich ist Sexting nicht etwas für jedermann und das ist natürlich auch in Ordnung. Tu nur das, was du wirklich möchtest.
Für alle, die Lust haben, es auszuprobieren: Es gibt keine Wunderlösung, um eine Beziehung zu verbessern und so kann auch Sexting keine Wunder bewirken. Es ist eher eine Zutat, die etwas Würze in eine Beziehung bringen und unterschiedliche Auswirkungen haben kann.
Sexting kann positive Auswirkungen auf die Beziehungszufriedenheit, die Kommunikation in einer Partnerschaft und das Sexleben haben – und darüber hinaus Bedürfnisse erfüllen. Außerdem kann Sexting eine andere, aufregende Art des Kommunizierens und des Flirtens mit dem Partner bzw. der Partnerin sein, auch wenn die ersten Tage des Kennenlernens bereits weit zurückliegen.
Psychologe Dr. Raffaello Antonino hebt hervor, dass Sexting ein “sicheres” Terrain bieten kann, um sich mit dem/ der Partner:in über sexuelle Fantasien auszutauschen, sich an die Sache “heranzutasten” und zu sehen, ob der/ die Partner:in ebenfalls Gefallen an den Ideen haben könnte, bevor sie in die Praxis umgesetzt werden.
Wie weit man beim Sexten geht, klärt man am besten mit seinem/ seiner Partner:in ab und auch nur bei gegenseitigem Einverständnis sollte man sexten. Gerade am Anfang einer Beziehung sollte man es langsam angehen lassen und keine Nacktbilder verschicken.
Und auch dann, wenn man sich in einer langfristigen Beziehung befindet, muss man es nicht mit dem Sexting übertreiben. Ein wenig Feingefühl ist gefragt, sonst kann das Ganze auch schnell nach hinten losgehen!
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