Gründe für sexuelle Unlust bei Frauen, und was dagegen hilft

Weibliche Libido verstehen: Wie persönliche Faktoren, Hormone, Lebensphasen und andere biologische Veränderungen die sexuelle Lust bei Frauen beeinflussen

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Sexuelle Unlust bei Frauen: So häufig kommt sie vor

Sexuelle Unlust ist bei Frauen jeden Alters weit verbreitet. Verschiedene Studien erlauben eine Einschätzung: So ergab eine globale Studie aus dem Jahr 2005, bei der u.a. Frauen zwischen 40 und 80 Jahren befragt wurden, dass 25,6 bis 43,4 % von ihnen über mangelndes sexuelles Verlangen klagten.

Sexuelle Lustlosigkeit ist damit die häufigste sexuelle Funktionsstörung bei Frauen.

2008 wurden US-amerikanische Frauen im Alter von 30 bis 70 Jahren befragt. 26,7 % der Befragten vor der Menopause gaben an, mit geringer Libido zu kämpfen. Nach der Menopause stieg der Anteil sogar auf über 50 %.

Und auch für Deutschland liegen uns Zahlen vor: Bei einem Vergleich zweier Befragungen aus den Jahren 2005 und 2016 kam heraus, dass 24-26% der befragten Frauen zwischen 18 und 99 Jahren unter Libidoverlust litten.

Allerdings musst du dir keine Sorgen machen, wenn du mal keine Lust auf Sex hast. Die Libido ist vielen Schwankungen unterworfen, auch ohne das Vorliegen einer sexuellen Luststörung.

Ganz generell gilt ohnehin: Ein Problem ist das geringe Verlangen nach Sex erst, wenn du es als problematisch empfindest.

Die weibliche Libido

Die menschliche Libido ist, unabhängig vom Geschlecht, sehr stark von unseren Hormonen bestimmt.

Deshalb schreiben wir in diesem Artikel von „weiblicher Libido“, wenn wir den Sexualtrieb von Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen meinen.

Sofern keine Hormontherapie zur Geschlechtsangleichung durchgeführt wird, sind nämlich auch trans*- und nicht-binäre Menschen von den Hormonen beeinflusst, die ihre biologisch vorhandenen Organe produzieren.

Hormone: Was uns in Stimmung bringt – oder auch nicht

Das menschliche Hormonsystem ist sehr komplex. Dabei kommen die Sexualhormone bei allen Geschlechtern vor, nur eben in unterschiedlicher Konzentration.

Bei Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen sind es vor allem die Östrogene, die den Sexualtrieb beeinflussen.

Außerdem wirken auch die folgenden Hormone auf die weibliche Lust:

  • Progesteron: Es wird nach dem Eisprung gebildet und ist wichtig für die Einnistung einer befruchteten Eizelle, senkt aber die Libido.
  • Luteinisierendes Hormon (LH): Es löst den Eisprung aus. Seine Rolle bei der sexuellen Lust ist nicht abschließend erklärt. Der Reproduktionsmediziner Michael Jemec stellte 2005 (PDF) jedoch die These auf, dass es die Libido anregt.
  • Testosteron: In geringen Mengen kommt Testosteron auch im weiblichen Körper vor und beeinflusst dort ebenfalls die Libido.
  • Prolaktin: Dieses Hormon wird vor allem nach der Geburt gebildet und fördert die Milchbildung; es hemmt die sexuelle Lust.

Der weibliche Zyklus

Im Laufe des Zyklus verändern sich die Hormone im weiblichen Körper und mit ihnen die Libido. Den Höhepunkt sexueller Lust erleben die meisten Frauen um den Eisprung herum, also etwa in der Zyklusmitte.

Das liegt vor allem am höheren Östrogenspiegel und war in vormodernen Zeiten ein wichtiger Aspekt für die Arterhaltung. So ist die Wahrscheinlichkeit für Sex in der fruchtbaren Zeit nämlich besonders groß.

Nach dem Eisprung sinkt der Östrogenspiegel wieder ab. Progesteron dagegen steigt an und verpasst der Libido einen Dämpfer.

Einen zweiten Anstieg der Lust erleben viele Frauen übrigens während der Menstruation – zumindest, solange Krämpfe und andere Menstruationsbeschwerden ihnen keinen Strich durch die Rechnung machen. Grund dafür ist der absinkende Progesteronspiegel, der dem Östrogen wieder mehr Platz macht.

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Die weibliche Libido im Zyklusverlauf. Bei steigendem Östrogenlevel nimmt die Libido im Allgemeinen zu. Bei steigendem Progesteronlevel nimmt die Libido im Allgemeinen ab.

Sexuelle Erregung: Wie bekommen wir Lust auf Sex?

Wir haben oft ein bestimmtes Bild davon vor Augen, wie es zu sexuellen Aktivitäten kommt: Wir haben Lust auf Sex, suchen uns eine:n Sexualpartner:in und verspüren steigende Erregung, während wir immer mehr zur Sache kommen. Der Sex endet dann im – hoffentlich grandiosen – Höhepunkt des Orgasmus und die Lust verebbt.

So jedenfalls legt es das lineare Modell nach William H. Masters und Virginia Johnson dar. Das ist schon allein deshalb nicht unproblematisch, weil (guter) Sex nicht zwingend einen Orgasmus braucht.

Spontane und responsive Lust

Zudem ist es keine Seltenheit, dass die Erregung vor der Lust kommt, besonders bei Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen. Die kanadische Psychiaterin Rosemary Basson hat daher ein kreisförmiges Modell (PDF) entwickelt, das die verschiedenen Möglichkeiten zum Einstieg in den Sexualzyklus besser erfassen soll.

Denn oft genug lassen Frauen sich auf die Annäherungen ihrer Partner:innen ein, obwohl sie gerade eigentlich gar keine Lust auf Sex haben. Sei es, um ihnen einen Gefallen zu tun, sei es aus Pflichtgefühl, sei es, weil sie die emotionale Nähe suchen.

Unser Körper kann nämlich auch ohne sexuelles Verlangen mit Erregung reagieren. Im Idealfall entwickelt sich daraus ein sexuelles Lustempfinden. Es ist also gar nicht so ungewöhnlich, besonders bei Frauen, dass die Erregung der Lust vorangeht.

Die amerikanische Gynäkologin Lyndsey Harper erklärt im Interview mit WebMD zwei Arten von Lust:

  1. die spontane Lust, die uns überkommt und dazu bringt, unser Bedürfnis befriedigen zu wollen
  2. und die responsive Lust, die als Antwort auf eine externe Stimulation entsteht.

Sie sagt, allein das Wissen über diese beiden Arten von Lust mache vielen Frauen klar, dass sie eigentlich gar kein Problem haben. Denn wir erwarteten häufig die spontane Lust. Bei Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen sei responsives Verlangen aber oft stärker verbreitet.

Dieses Missverständnis führt also dazu, dass viele Frauen zwar denken, eine geringe Libido zu haben, in Wirklichkeit jedoch nur sehr viel stärker auf sexuelle Reize reagieren, als spontan sexuelle Lust zu entwickeln.

Sexuelle Unlust: Symptome

Die Bandbreite dessen, was als „normale“ Libido gilt, ist sehr groß, eine Definition von sexueller Unlust entsprechend schwierig. Dennoch gibt es einige zentrale Symptome für niedrige Libido:

  • Das Fehlen sexueller Gedanken und Fantasien
  • Fehlendes Interesse an Masturbation oder anderen sexuellen Aktivität
  • Schwache oder fehlende Reaktion auf sexuelle Stimulation
  • Leidensdruck durch die sexuelle Unlust

Wird kein eindeutiger Grund für die sexuelle Lustlosigkeit gefunden und hält sie mindestens sechs Monate an, sind die Kriterien für die Diagnose „sexuelle Appetenzstörung“ erfüllt.

Jedoch kann eine niedrige Libido auch dann belastend sein, wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind – für dich, aber auch für deine Beziehung.

Unabhängig von Ursachen oder Diagnosen ist es also vollkommen legitim, wenn du nach Lösungen suchst, falls du deine eigene Libido als problematisch empfindest.

Gründe für sexuelle Unlust bei Frauen

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die zu einer geringen Libido führen können. In unserem Artikel zum Libidoverlust zählen wir diejenigen auf, die bei Menschen aller Geschlechter zu finden sind.

In diesem Artikel möchten wir uns dagegen auf die Gründe fokussieren, die vor allem Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen die Lust auf Sex verderben. Zu bedenken ist dabei immer: Die Libido ist ein komplexes Phänomen. Häufig kommen verschiedene Ursachen zusammen oder verstärken ihre lustdämpfenden Auswirkungen gegenseitig.

Hormonelle Verhütungsmittel

Unter den Ursachen für hormonell, aber nicht krankheitsbedingte Unlust sind vor allem hormonelle Verhütungsmittel verbreitet. Dazu gehören:

  • Anti-Baby-Pille (die „Pille“)
  • Verhütungsring
  • Verhütungspflaster
  • Drei-Monats-Spritze
  • Hormonspirale

Sie alle können deine Libido dämpfen. Es gibt jedoch auch viele Frauen, bei denen keine Veränderung des sexuellen Verlangens eintritt oder die Libido sich nach einer vorübergehenden Schlappe in kurzer Zeit wieder erholt.

Was du tun kannst:

Solltest du den Verdacht haben, dass hormonelle Verhütung der Grund für dein fehlendes sexuelles Verlangen ist, frage am besten deine Gynäkologin/deinen Gynäkologen um Rat. Vielleicht kommt ein anderes Präparat für dich in Frage oder du entscheidest dich für eine andere Verhütungsmethode.

PCOS

Das polycystische Ovarialsyndrom, kurz PCOS, ist die häufigste Hormonstörung bei Frauen im gebärfähigen Alter und betrifft ca. 5-10 % von ihnen. Es ist gekennzeichnet durch unregelmäßige Zyklen aufgrund eines hormonellen Ungleichgewichts. Oft haben Betroffene erhöhte Werte männlicher Geschlechtshormone, der sogenannten Androgene.

Das hormonelle Ungleichgewicht kann unter anderem Akne, Haarausfall (Alopezie), stärkere Körperbehaarung (Hirsutismus) oder Gewichtszunahme verursachen.

In einer iranischen Studie aus dem Jahr 2014 traten zudem bei 57,7 % der untersuchten Frauen mit PCOS sexuelle Dysfunktionen auf. Libidoverlust war darunter die häufigste.

Allerdings weisen schon die Verfasser:innen der Studie darauf hin, dass alle befragten Frauen unfruchtbar waren und somit ein bedeutender psychologischer Stressfaktor auftrat, der die Ergebnisse beeinflusst haben könnte.

Eine andere Studie zeigte entsprechend keine Auffälligkeiten der sexuellen Funktionsfähigkeit bei Menschen mit PCOS gegenüber einer Kontrollgruppe, mit Ausnahme erschwerter Orgasmen.

Obwohl das erhöhte Testosteron theoretisch zu einer höheren Libido führen könnte, betont die Sexualtherapeutin Dr. Melissa Cook: „Andere Faktoren von PCOS, wie Insulinresistenz, hormonelles Ungleichgewicht und Gewichtszunahme können jeden potenziellen Lustanstieg zunichtemachen. Zudem tragen psychologische Belastungen durch PCOS, etwa Ängste und Depression, zur niedrigen Libido bei.“

Was du tun kannst:

Bei PCOS ist es häufig nicht der Libidoverlust, der Betroffene zum Arzt/zur Ärztin treibt. Solltest du, etwa aufgrund unregelmäßiger Zyklen, den Verdacht haben, an PCOS zu leiden, solltest du dich untersuchen lassen.

Ob eine Behandlung nötig ist und wie behandelt werden kann, ist im Einzelfall von ärztlicher Seite abzuklären. Gegen bestimmte Nebeneffekte von PCOS kannst du auch selbst etwas tun, etwa, indem du mit Ernährung und Bewegung eine mögliche Gewichtszunahme bekämpfst. Bewegung wirkt zudem auch psychischen Problemen entgegen.

Ein offenes Gespräch mit deinem Partner/deiner Partnerin kann schließlich helfen, eventuelle Bedenken wegen möglicher stärkerer Behaarung, Akne oder anderer Abweichungen vom gängigen Schönheitsideal auszuräumen. Guter Sex beginnt schließlich im Kopf, und dafür ist Vertrauen zum Lieblingsmenschen unerlässlich.

Schwangerschaft und Stillzeit

Eine Schwangerschaft ist ein körperlicher Ausnahmezustand – auch hormonell.

Dabei leidet längst nicht jede Schwangere unter sexueller Lustlosigkeit. Bei manchen ist eher das Gegenteil der Fall, denn die verbesserte Durchblutung der Genitalien kann zu einem intensiveren Empfinden führen.

Allerdings sind manche Frauen dann auch so empfindlich, dass penetrativer Sex schmerzhaft wird.

Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die sich negativ auf die Lust eines schwangeren Menschen auswirken können:

  • Übelkeit, Müdigkeit, empfindliche Brüste (vor allem im ersten Trimester)
  • Gewichtszunahme und ein verändertes Körperbild
  • Die bevorstehende Lebensveränderung
  • Der wachsende Bauch, der die Beweglichkeit einschränkt (vor allem im letzten Trimester)
  • Das Gefühl, beim Sex nicht mehr „allein“ mit dem Partner zu sein

Aber auch nach der Geburt kommt die Lust oft nicht schlagartig wieder. Gründe dafür sind:

  • Die neue Rolle als Mutter bzw. die Umstellung der familiären Konstellation
  • Schlafmangel und Müdigkeit
  • Die Hormonumstellung nach der Geburt
  • Mögliche Geburtsverletzungen
  • Das Hormon Prolaktin, das für die Milchbildung wichtig ist, aber die Produktion von Sexualhormonen hemmt

Was du tun kannst:

Zunächst einmal: Sprich offen mit deinem Partner/deiner Partnerin, wenn du in der Schwangerschaft oder Stillzeit keine Lust verspürst. Er/sie fühlt sich möglicherweise zurückgewiesen oder leidet unter der mangelnden Aufmerksamkeit. Ein ehrliches und wertschätzendes Gespräch kann Beziehungsprobleme verhindern.

Versucht außerdem, Zeit zu zweit zu finden. Auch Kuscheln, Umarmungen und Küsse halten die Nähe zwischen euch aufrecht. Und möglicherweise kommen ja auch Streicheleinheiten oder (gemeinsames) Masturbieren für euch infrage, bis die Durststrecke überwunden ist.

Menopause

Nähert ein Mensch mit weiblichen Geschlechtsorganen sich den berühmt-berüchtigten Wechseljahren, sind häufig Veränderungen der Libido festzustellen. Der Östrogenspiegel sinkt, die Lust nimmt oft ab.

Außerdem kann es durch das fehlende Östrogen zu vaginaler Trockenheit kommen, die Schleimhaut im Intimbereich dünner und empfindlicher werden und die Durchblutung nachlassen.

All das führt nicht selten zu einer Abnahme der Libido und erhöht das Risiko für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Die wiederum sind ein weiterer Faktor für fehlende Lust.

Was du tun kannst:

Für Frauen in oder nach der Menopause kommt manchmal eine Hormonersatztherapie infrage, wenn sie unter Libidoverlust leiden. Möglich sind dabei auch lokale Anwendungen in Form von östrogenhaltigen Cremes, die die Haut im Intimbereich wieder geschmeidiger machen, die Durchblutung fördern und vaginaler Trockenheit entgegenwirken.

Als Erste-Hilfe-Maßnahme sind zudem Gleitmittel empfehlenswert.

Sexuelle Dysfunktionen

Sprechen wir von sexueller Luststörung, dann ist auch das eine sexuelle Dysfunktion. Allerdings muss sexuelle Unlust nicht die medizinischen Kriterien der Luststörung erfüllen, um für die Betroffenen belastend zu sein.

Es gibt jedoch noch eine Reihe weiterer sexueller Störungen, die sich negativ auf dein Verlangen auswirken können:

  • Orgasmusprobleme: Gemeint sind Schwierigkeiten, einen (befriedigenden) Orgasmus beim Sex zu erleben. Orgasmusprobleme gehören zu den häufigsten sexuellen Dysfunktionen bei Frauen.
  • Dyspareunie: Schmerzen beim Sex rauben schnell die Lust. Ursachen können z. B. Infektionen oder Entzündungen im Intimbereich, Geschlechtskrankheiten, Fehlbildungen, Tumore, Scheidentrockenheit oder Endometriose sein.
  • Vaginismus: Bei dieser Störung verkrampft die Beckenbodenmuskulatur und macht ein Eindringen in die Vagina nur unter Schmerzen oder ganz unmöglich.
  • Erregungsprobleme: Die sexuelle Erregbarkeit ist (stark) eingeschränkt; das führt häufig auch zu einer trockenen Vagina und schmerzhaftem Geschlechtsverkehr.

Was du tun kannst:

Ist eine sexuelle Funktionsstörung die Ursache für deine fehlende Lust, möchten wir dir ärztliche Hilfe empfehlen. Oft gibt es körperliche oder psychische Gründe, die eine sexuelle Dysfunktion verursachen und entsprechende Behandlung benötigen.

Soziokulturelle Faktoren

Wir alle sind beeinflusst von unserer Kultur und der Gesellschaft, in der wir aufwachsen. Das gilt auch in sexueller Hinsicht und für alle Geschlechter. Frauen sehen sich dabei jedoch häufig anderen Erwartungen gegenüber als Männer.

Studien haben gezeigt, dass auch Religiosität und konservative Einstellungen in Bezug auf Sex einen Einfluss auf die Libido haben.

So stellte eine Studie aus dem Jahr 2011 einen Zusammenhang zwischen „Sexschuld“, also Schuldgefühlen im Kontext mit sexuellen Handlungen, und verminderter Libido bei Frauen fest. Konservative sexuelle Einstellungen ohne Schuldgefühl hatten jedoch keinen lustvermindernden Effekt.

Eine weitere Studie von 2012 kam zu dem Schluss, dass religiöse oder spirituelle Frauen stärker von Schuldgefühlen in Bezug auf Sex betroffen waren. Auch diesmal stellten die Forschenden fest, dass Frauen mit sexuellen Schuldgefühlen weniger Lust verspürten.

Es scheint also vor allem das Schuldgefühl zu sein, das Frauen die Lust raubt. Tatsächlich fand eine Studie von 2021 sogar einen Zusammenhang zwischen sexuellen Schuldgefühlen und schmerzhaftem Geschlechtsverkehr.

Was du tun kannst:

Offene Gespräche in der Partnerschaft, in schwereren Fällen auch Psycho- oder Sexualtherapie können helfen, sexuelle Schuldgefühle abzubauen. Schließlich ist Sex ein essenzieller Bestandteil des Lebens.

Natürlich sind unterschiedliche Einstellungen zum Thema Sex vollkommen in Ordnung. Dennoch finden wir es schade, wenn ausgerechnet Schuldgefühle den gesunden Umgang mit der eigenen Sexualität verhindern.

Negative sexuelle Erfahrungen und sexuelle Traumata

Dies ist der wohl traurigste Punkt auf der Liste der möglichen Gründe für sexuelle Unlust bei Frauen. Zwar werden auch Männer Opfer von Belästigungen oder sexualisierter Gewalt, aber Frauen sind weit häufiger davon betroffen.

So zeigt die polizeiliche Statistik für Deutschland im Jahr 2019, dass gut 94 % der Opfer von (versuchter) Vergewaltigung und sexueller Nötigung weiblich waren.

Eine solche Erfahrung führt bei vielen Betroffenen zu einer schweren Traumatisierung, die sich auch auf ihre Beziehungen und ihre Sexualität auswirkt.

Allerdings können auch schon vermeintlich „harmlose“ Belästigungen dazu führen, dass eine Frau sich in sexueller Hinsicht verunsichert fühlt. Und das zieht ebenfalls eine sinkende Libido nach sich.

Verbindet sie Sexualität zum Beispiel mit abfälligen Bemerkungen, unangenehmen Blicken oder gar unerwünschten Berührungen, kann sie im (gewollten) sexuellen Umgang gehemmt sein oder Angst vor sexuellen Kontakten entwickeln.

Eine Statistik aus dem Jahr 2020 zeigt übrigens, dass rund 89 % der Frauen hierzulande sich schon einmal verbal, 86 % durch unerwünschte Berührungen belästigt gefühlt haben. Das Problem ist also keine Randerscheinung.

Was du tun kannst:

Das Wichtigste: Such dir Hilfe! Unabhängig davon, ob du sexualisierte Gewalt erlebt hast oder „nur“ belästigt wurdest – professionelle Unterstützung ist immer dann angemessen, wenn du sie so empfindest.

Du kannst dich dafür an deinen Hausarzt/deine Hausärztin, Gynäkolog:innen oder eine Sexualberatungsstelle wenden. Auch möchten wir dich ermutigen, Übergriffe zur Anzeige zu bringen.

Bist du in einer Beziehung, solltest du zudem versuchen, deinen Partner/deine Partnerin ins Vertrauen zu ziehen. Er/sie wird wissen wollen, was los ist und warum du abweisender bist, als es vielleicht früher der Fall war oder dich generell mit körperlicher Nähe schwertust. Paar- und/oder Sexualtherapie kann euch helfen, einen neuen Umgang mit dem Thema Sex zu finden.

Beziehungsprobleme und Übergewicht

Sowohl Beziehungsprobleme als auch Übergewicht/Adipositas können bei allen Geschlechtern zu niedriger Libido führen. Wir führen sie hier trotzdem auf, weil die Auswirkungen bei Menschen mit männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen unterschiedlich sein können.

So leiden Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen tendenziell stärker unter Libidoverlust, wenn es in der Beziehung nicht rund läuft. Grund dafür ist, dass emotionale Nähe für sie häufig eine wichtige Voraussetzung für Sex ist. Fehlt diese durch Beziehungs- oder Alltagsstress, mangelt es auch an sexuellem Verlangen.

Übergewicht und besonders Adipositas wiederum führt oft zu einer schlechteren Durchblutung, auch im Intimbereich. Das hat bei Frauen häufig Erregungsprobleme zur Folge, die wiederum schmerzhaften Sex bedingen können.

Außerdem leiden vor allem Frauen mit Gewichtsproblemen an einem negativen Selbst- und Körperbild. Die psychische Belastung wirkt sich ebenfalls negativ auf die Libido aus.

Was du tun kannst:

Im Falle von Beziehungsproblemen hilft vor allem ein offenes Gespräch mit dem Partner/der Partnerin. Sollte die Situation es erfordern, könnt ihr euch Unterstützung durch Mediation oder Paartherapie holen.

Bei Übergewicht/Adipositas möchten wir zu Bewegung und gesunder Ernährung raten. Unabhängig von möglichem Gewichtsverlust können diese Maßnahmen sich nämlich positiv auf die Durchblutung auswirken. Bewegung ist zudem hilfreich zur Verbesserung psychischer Probleme.

Sexuelle Unlust bei Frauen: Mit diesen Tipps verleihst du deiner Libido mehr Schwung

Wie du deine niedrige Libido behandeln kannst, hängt, wie wir gesehen haben, sehr stark von der Ursache ab.

Trotzdem gibt es auch ein paar allgemeine Tricks, mit denen du deinem sexuellen Verlangen wieder auf die Sprünge helfen kannst. Schließlich sind viele der Ursachen, die deine Lust dämpfen können, vorübergehend oder vergleichsweise harmlos, wie zum Beispiel der Lustkiller Stress.

Du musst übrigens nicht darauf warten, dass dein mangelnder Trieb irgendwelche Diagnosekriterien erfüllt. Wenn du mit deiner Libido nicht zufrieden bist, kannst und darfst du handeln.

Hier kommen unsere Vorschläge für mehr Lust auf Sex:

  • Ernähre dich gesünder – und probier doch mal aphrodisierende Lebensmittel.
  • Treibe Sport, aber ohne zu übertreiben. Zumindest bei Männern ist ein Zusammenhang zwischen Libidoverlust und exzessivem Ausdauertraining nachgewiesen.
  • Stärke deinen Beckenboden, zum Beispiel mit Liebeskugeln. Dieser ist wichtig für ein gutes sexuelles Empfinden und schmerzfreien Sex.
  • Achte auf ausreichend Schlaf.
  • Masturbiere häufiger. In einer finnischen Studie von 2022 konnte ein Zusammenhang zwischen sexueller Funktionsfähigkeit und der Frequenz von Selbstbefriedigung festgestellt werden.
  • Sei experimentierfreudig. Neue Stellungen, Sextoys und sexuelle Offenheit machen dein Liebesleben aufregender und Lust auf mehr.
  • Sorge gut für dich. Dem häufigen Unlustfaktor Stress begegnest du nämlich am besten mit Entspannung und einem guten Stressmanagement.
  • Lies erotische Bücher oder schau erotische Filme. Das triggert die responsive Lust.
  • Informiere dich über deine Sexualität. Auch ganz banale biologische Infos über die schönste Nebensache der Welt können anregend wirken. Und ganz nebenbei erfährst du dabei wahrscheinlich Dinge über dich, die du selbst noch nicht wusstest.
  • Sorge für Zeit zu zweit. Denn Sex braucht vor allem Gelegenheit, und die kommt im stressigen Alltag oft nicht von selbst.

Fazit: Sexuelle Unlust ist individuell – und behandelbar

Wir können nicht oft genug betonen, wie hochkomplex und individuell Libido ist. Solange du mit dir und deinem Sexualtrieb im Reinen bist, ist auch alles in Ordnung – unabhängig davon, ob andere Menschen denken, du hättest eine niedrige Libido.

Fühlst du dich mit dem Niveau deines sexuellen Verlangens allerdings unwohl, solltest du handeln. Versuche es vielleicht zunächst mit unseren Empfehlungen, aber wenn die Lustlosigkeit anhält oder dir Sorgen bereitet, ist es absolut gerechtfertigt, dir professionelle Unterstützung zu suchen.

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