Wie erkennst du sexuellen Narzissmus bei deine:r Sexualpartner:in? Wir zeigen dir wichtige Warnhinweise und geben dir Tipps, wie du damit umgehen kannst.
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Narzisst:innen genießen in unserer Gesellschaft keinen guten Ruf. Aus gutem Grund, denn der Umgang mit ihnen ist alles andere als einfach und bedeutet oft viel Leid.
Deutlich weniger bekannt als die narzisstische Persönlichkeitsstörung, auch „globaler Narzissmus“, ist jedoch der sexuelle Narzissmus. Zwar könnte man denken, dieser sei lediglich ein weiterer Aspekt des globalen Narzissmus, aber das ist ein Trugschluss.
Sexueller Narzissmus und die narzisstische Persönlichkeitsstörung sind zwar miteinander verwandt und können gemeinsam auftreten. Jedoch existieren sie auch losgelöst voneinander.
Es gibt also Menschen, die die Bedingungen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung nicht erfüllen, jedoch sexuellen Narzissmus aufweisen.
Risikofaktoren sind zum Beispiel das Borderline-Syndrom oder die histrionische Persönlichkeitsstörung, aber auch generelle Unsicherheit und ein schlechtes Selbstwertgefühl mit Blick auf die eigene Sexualität.
Um sexuellen Narzissmus besser fassen zu können, hat die Forschung die „Sexual Narcissism Scale“ entworfen. Diese Skala unterscheidet vier Aspekte des sexuellen Narzissmus:
Nicht alle diese Merkmale sind bei jeder betroffenen Person gleichermaßen ausgeprägt. Unterschiede können sich auch auf das konkrete Verhalten auswirken, wie wir noch sehen werden.
Es ist nicht immer einfach, einen sexuellen Narzissten zu erkennen. Viele Menschen weisen das eine oder andere Anzeichen auf, ohne sexuell narzisstisch zu sein.
Kennzeichnend für den sexuellen Narzissmus ist also vor allem, dass mehrere dieser Anzeichen regelmäßig auftreten. Sie sind unabhängig vom Sexualpartner/der Sexualpartnerin, dem Beziehungsstatus oder der Situation.
Narzissmus tritt in sehr unterschiedlichen Formen auf. Die bekannteste ist der sogenannte grandiose Narzissmus, der sehr offensichtlich ist: Betroffene halten sich für besonders großartig und unfehlbar.
Dieser Aspekt der Grandiosität tritt auch beim sexuellen Narzissmus auf: Ein Mensch mit diesem Persönlichkeitszug hält sich für besonders gut im Bett. Auch bisherige Partner:innen sind, so ist er überzeugt, dieser Ansicht.
Neben einem ausgeprägten sexuellen Selbstbewusstsein kann ein sexuell narzisstischer Mensch auch dadurch auffallen, dass er sich beim Liebesspiel sehr auf seine „Performance“ konzentriert. Er möchte dann vielleicht besonders erotisch wirken oder legt Wert darauf, lange durchzuhalten. Insgesamt wirkt der Akt eher selbstdarstellerisch als leidenschaftlich.
Sexuelle Narzisst:innen weisen einen deutlichen Mangel an Empathie auf. Sie interessieren sich nicht für deine sexuellen Bedürfnisse, sondern fokussieren sich ganz auf ihre eigenen. Auch kümmert es sie nicht, wie es ihren Partner:innen beim oder nach dem Sex geht.
Gerade in festen Beziehungen ist es sehr frustrierend, wenn nur ein Part auf seine Kosten kommt. Noch problematischer wird es dann, wenn der sexuell narzisstische Part bemerkt, dass sein Gegenüber nicht so begeistert vom gemeinsamen Liebesspiel ist, wie er es erwartet. Darunter leidet er sehr und lässt dies seine:n Sexualpartner:in auch spüren.
Nach dem Sex mit einem sexuell narzisstischen Menschen fühlst du dich möglicherweise benutzt oder leer und seltsam unbefriedigt, selbst wenn du einen Orgasmus hattest.
Das liegt daran, dass Sex für die meisten Menschen immer auch eine emotionale Nähe und Intimität mit sich bringt. Sexuelle Narzisst:innen sind jedoch nicht in der Lage, diese Nähe zuzulassen oder zu empfinden.
Dabei macht es für sie keinen Unterschied, ob ihr eine feste Beziehung führt oder nur gelegentlich Sex bzw. einen One-Night-Stand habt. Wenn du selbst emotional nicht an diesen Menschen gebunden bist, stört dich die fehlende Nähe möglicherweise auch gar nicht besonders. In einer Beziehung dagegen wird sie schnell ein echtes Problem.
Ein sexuell narzisstischer Mensch sieht im Sex lediglich eine Befriedigung seiner Triebe und eine Bestätigung seiner Grandiosität. Da er ohnehin keine echte Intimität empfindet, ist es für ihn nur logisch, sich nach dem Akt zurückzuziehen und dich zu ignorieren.
Das kann innerlich passieren, indem dein:e Partner:in sich abwendet und zum Beispiel für das Kuscheln „danach“ nicht erreichbar ist. Ebenso kann es jedoch passieren, dass er oder sie das Zimmer oder gar das Haus verlässt. Mit deinen emotionalen Bedürfnissen bleibst du in jedem Fall allein.
Sexuelle Narzisst:innen sind davon überzeugt, sie hätten ein Anrecht auf Sex.
Im besten Fall äußert sich das dadurch, dass du mit Charmeoffensiven und Verführungskünsten ins Bett gelockt wirst.
Allerdings schrecken sexuell narzisstische Menschen auch vor Manipulation, Überredung oder gar Nötigung nicht zurück.
Dabei interessiert es sie nicht, ob du gerade überhaupt Lust hast – oder Zeit. Aus dem Anrecht auf Sex leiten sie ab, dass du zur Verfügung zu stehen hast, wann immer es ihnen beliebt.
Abgesehen davon, dass dieser Druck für viele Menschen ein echter Lustkiller ist, kann das auch ernste Folgen für dein Sozialleben haben.
Gerade in einer Beziehung mit einem sexuell narzisstischen Menschen stehst du wahrscheinlich früher oder später vor der Wahl: Beziehungsstress oder Verzicht auf den schönen Abend mit Freund:innen. Schließlich kannst du nicht für Sex zur Verfügung stehen, wenn du gerade außer Haus bist.
Wer glaubt, ein Anrecht auf Sex zu haben, leitet daraus schnell ab, dieses Anrecht nach eigenem Gutdünken erfüllen zu dürfen – auch außerhalb der Beziehung.
Dabei liegt die erhöhte Bereitschaft zum Fremdgehen laut einer Studie besonders in zwei Aspekten des sexuellen Narzissmus begründet. Ist ein sexuell narzisstischer Mensch sehr von seinen Qualitäten als Liebhaber:in überzeugt („sexual skill“) oder betont vor allem das schon erwähnte Anrecht auf Sex („sexual entitlement“), ist ein Seitensprung sehr viel wahrscheinlicher.
Dagegen ist ein ausgeprägter Mangel an Empathie laut derselben Studie übrigens eher ein Hinderungsgrund fürs Fremdgehen.
Typisch ist im Fall des untreuen sexuell narzisstischen Menschen, dass er dir die Schuld für sein Verhalten gibt. Wirft dein:e Partner:in dir also vor, es wäre nur zum Seitensprung gekommen, weil du nicht da warst oder weil du ihm/ihr bestimmte Fantasien nicht erfüllen willst, sollten deine Alarmglocken läuten.
Hier wird es richtig gefährlich: Ein besonderes Risiko des sexuellen Narzissmus ist nämlich die erhöhte Bereitschaft für sexuelle Gewalt. Darunter fallen Belästigungen, aber auch Nötigung und sogar Vergewaltigung.
Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung an sich stellt übrigens laut einer Studie kein erhöhtes Risiko für diese Art von Gewalttätigkeit dar. Erst, wenn auch sexueller Narzissmus ins Spiel kommt, sind vermehrte sexuelle Übergriffe zu verzeichnen.
Sexuell narzisstische Menschen fallen häufig auch durch zwanghaftes oder riskantes Sexualverhalten auf. Das kann die Sucht nach Pornos oder nach einer bestimmten, vielleicht auch eher exotischen Art von Sex sein, also eine Art Fetisch.
Allerdings ist längst nicht jeder Mensch, der einen Fetisch hat, ein sexueller Narzisst. An Vorlieben, auch ungewöhnlicherer Art, ist grundsätzlich nichts falsch, solange alle Beteiligten bewusst ihr Einverständnis gegeben haben.
Wenn diese Vorliebe allerdings so stark und ausschließlich wird, dass kaum noch Abweichungen möglich sind, kann es zum Problem werden – und eben ein Anzeichen für sexuellen Narzissmus sein.
Auch ungeschützter Sex kann zu den Vorlieben sexuell narzisstischer Menschen gehören. Das wird gerade bei wechselnden Geschlechtspartner:innen zum Risiko. Wer in einer Beziehung mit einem sexuell narzisstischen Menschen ist, der noch dazu zum Fremdgehen neigt, sollte sich dieses Risikos auf jeden Fall bewusst sein.
Sexuelle Narzisst:innen neigen dazu, Sex als Gegenleistung zu erwarten, wenn sie dir Geschenke machen oder einen Gefallen tun.
Findest du dich nach einer Einladung zum Essen also plötzlich im Bett deines Gegenübers wieder – und weißt vielleicht gar nicht genau, wie du dorthin gekommen bist –, sollte dich das zumindest nachdenklich machen.
Passieren dir ähnliche Situationen mit ein und derselben Person immer wieder oder ist diese Person nach jedem noch so kleinen Gefallen auffallend zudringlich, ist das ein deutliches Warnsignal.
Sex ist für viele Leute eine angenehme Sache. Bei sexuellem Narzissmus dagegen ist er essenziell.
Daher können sexuell narzisstische Menschen auch nicht gut damit umgehen, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen. Willst du nicht mit ihnen schlafen oder gibst ihnen das Gefühl, dass sie doch nicht so supertoll im Bett sind, wie sie meinen, reagieren sie unreif und übermäßig emotional.
Das reicht von offener Wut mit Beleidigung und Kränkungen über passiv-aggressives Verhalten wie die berühmte kalte Schulter bis hin zu emotionaler Nötigung, nach der du glaubst, alles sei deine eigene Schuld.
Vergleiche sind in den meisten Fällen überflüssig und unsinnig. Das betrifft auch und gerade unser Sexualleben.
Trotzdem passiert es uns immer wieder, dass wir uns mit anderen Menschen vergleichen. Für die meisten Leute ist es auch keine große Sache, wenn sie mitbekommen, dass jemand in ihrem Umfeld gerade viel Sex hat.
Für sexuelle Narzisst:innen ist genau das jedoch ein großes Problem. Zum einen vergleichen sie sich in sexueller Hinsicht ziemlich gern – vor allem, wenn sie dabei gut abschneiden.
Zum anderen können sie jedoch gar nicht gut damit umgehen, wenn sie den Eindruck haben, eine andere Person habe mehr oder besseren Sex als sie selbst. Das nagt an ihrem Selbstbewusstsein und führt dazu, dass sie mit ihrem Sexleben und gegebenenfalls mit ihrer Beziehung im Ganzen weniger zufrieden sind.
Wie du mit sexuellem Narzissmus umgehen kannst oder solltest, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ist der Sex nur eine einmalige Sache gewesen, ist das oft nicht weiter problematisch. Führst du dagegen eine Beziehung mit einem sexuell narzisstischen Menschen, kann sich das stark auf deine Beziehungszufriedenheit und dein Wohlbefinden auswirken.
Außerdem ist natürlich relevant, ob du selbst ein:e sexuelle:r Narzisst:in bist oder das Bett mit jemandem teilst, auf den diese Beschreibung zutrifft.
Hast du dich bei den genannten Anzeichen möglicherweise selbst erkannt und befürchtest nun, sexuell narzisstisch zu sein?
Die erste Erkenntnis – oder Vermutung – kann sehr schmerzhaft und unangenehm sein, ist aber gleichzeitig auch ein wichtiger Schritt.
Sprich mit jemandem darüber! Das kann ein:e Sexualtherapeut:in sein, aber für den Anfang auch ein guter Freund/eine gute Freundin oder dein Partner/deine Partnerin.
Gerade das offene Gespräch mit dem Menschen, mit dem du eine Beziehung führst, kann Aufschluss darüber geben, ob nur du dich in unserer Liste wiedererkennst oder ob dein:e Partner:in das genauso sieht. Vor allem sehr selbstkritische Menschen interpretieren sonst möglicherweise etwas in ihr Sexualverhalten hinein, was andere Personen überhaupt nicht so empfinden.
Sollte sich dein Verdacht jedoch erhärten, such dir professionelle Unterstützung! Narzissmus an sich ist nicht heilbar, aber über Therapien kannst du lernen, mehr Empathie zu entwickeln und dein eigenes Verhalten zu verbessern. Damit wird es nicht nur deinen Bettgefährt:innen, sondern auch dir besser gehen.
Beziehungen mit narzisstischen Partner:innen sind immer extrem schmerzhaft und kompliziert, oft sogar traumatisch.
Teilst du das Bett mit einem sexuell narzisstischen Menschen, leiden das Sexualleben und deine Beziehungszufriedenheit darunter. Auch Auswirkungen auf andere Lebensbereiche sind möglich, denn manche sexuellen Narzisst:innen neigen dazu, ihre Partner:innen auch psychisch zu erniedrigen.
Solltest du den Verdacht haben, in einer sexuell narzisstischen Beziehung zu stecken, musst du – um deiner selbst Willen – unbedingt handeln!
Hast du den Eindruck, dein Partner/deine Partnerin ist nur im Bett narzisstisch veranlagt, kannst du das Gespräch suchen.
Such dir im Vorfeld professionelle Hilfe, wenn du nicht sicher bist, wie du anfangen sollst. Narzisst:innen sind in Wirklichkeit sehr unsicher und haben ein schlechtes Selbstwertgefühl, wodurch sie übermäßig verletzlich sind. Das trifft auch auf sexuelle Narzisst:innen zu, wenn es um ihr Sexualverhalten geht. Vorwürfe führen dann oft dazu, dass sie mauern und sich auf kein Gespräch mehr einlassen.
Ist dein Partner/deine Partnerin grundsätzlich gesprächsbereit, könnt ihr gemeinsam versuchen, etwas an eurem Sexualleben zu verändern. Eine Paar- oder Sexualtherapie kann in diesen Fällen sehr hilfreich sein.
Deuten andere Anzeichen jedoch darauf hin, dass dein:e Partner:in nicht nur im Bett ein Narzisst ist oder will er/sie nichts ändern, bleibt in vielen Fällen nur die Trennung. Auch dafür kann Unterstützung – durch Freund:innen oder Profis – eine große Hilfe sein.
Besonders in Fällen, in denen dir sexuelle Gewalt widerfährt, solltest du so schnell wie möglich das Weite suchen und Anzeige erstatten!
Sexueller Narzissmus zeigt sich in ähnlichen Aspekten wie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, allerdings nur im Bereich der Sexualität. Beide Phänomene können, müssen aber nicht gemeinsam auftreten.
Für alle Beteiligten ist sexueller Narzissmus ein Problem und kann sich auf vielfältige Weise auf ihr Leben auswirken. Auch wenn sexuelle Narzisst:innen aus Unsicherheit und einem geringen Selbstwertgefühl heraus handeln und mit diesem Wissen leicht Mitgefühl entstehen kann, hat Selbstschutz im Umgang mit ihnen höchste Priorität.
Lass dich also nicht aus Mitleid auf ihre Maschen ein, sondern suche dir professionelle Unterstützung und scheue dich auch nicht vor einer Trennung, wenn du unter der Situation leidest. Nicht allen sexuellen Narzisst:innen kann geholfen werden – denn das setzt immer voraus, dass sie Hilfe wollen.
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