8 Gründe, warum Du bei oder nach dem Sex weinst

Was es bedeutet und was du dagegen tun kannst

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Im Jahr 2011 kam die romantische Komödie „Rubbel die Katz“ in die deutschen Kinos. In einer Szene zwischen den Hauptdarsteller:innen Alexandra Maria Lara und Matthias Schweighöfer sehen wir zärtliche Szenen, die einvernehmlichen Sex implizieren – natürlich ohne explizite Darstellungen.

Gleichzeitig fließen dem Charakter Sarah Tränen über die Wangen und nach dem Sex wird sie von leisen Schluchzern geschüttelt. Auf seine Frage, was denn los sei, antwortet sie: „Nichts, ist nur ein Nachbeben.“

So oder wahrscheinlich weniger filmreif ist dir das vielleicht auch schon passiert. Dafür kann es viele Gründe geben und es kann eine ganz normale, gesunde Reaktion sein.

„Weinen nach dem Sex ist ziemlich häufig und kann [alle] Geschlechter betreffen“, sagt die Psychologin Dr. Carla Marie Manly. „Unabhängig davon, welche:r Partner:in nach dem Sex weint, ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, um mit […] Mitgefühl über das Problem zu sprechen.“

Bevor wir weiter auf Lösungsansätze eingehen, wollen wir uns aber zunächst anschauen, welche Ursache Tränen während oder nach dem Sex haben können.

Weinen beim oder nach dem Sex: 8 mögliche Ursachen

1. Hormone

Hormone spielen im Leben eines jeden Menschen und zu jeder Tageszeit eine große Rolle. Das gilt besonders, wenn zwei sich nahekommen.

Der Psychologe Chris Tompkins erklärt: „Beim Sex werden Oxytocin und Dopamin freigesetzt, die bei den Betroffenen […] zu einer emotionalen Reaktion führen können.“ Das ist eine natürliche Funktion unseres Körpers, für die man sich nicht schämen sollte.

Er ergänzt: „Hormonelle Veränderungen wirken sich besonders auf Schwangere und Frauen aus, sich in den Wechseljahren befinden oder eine Fruchtbarkeitsbehandlung durchlaufen.“

Einige Forscher:innen gehen zudem davon aus, dass das Hormon Oxytocin ein Gefühlsverstärker ist und dass es nicht nur positive, sondern auch negative Gefühle verstärken kann. Werden traumatische Erlebnisse oder negative Gefühle mit Sex verbunden, könnte das Oxytocin auch diese Empfindungen verstärken.

2. Postkoitale Dysphorie

Postkoitale Dysphorie klingt ziemlich kompliziert, ist aber leicht erklärt. „Post“ bedeutet „nach“, „Koitus“ ist Sex und die Dysphorie das Gegenteil der Euphorie.

Es geht dabei also um ein trauriges Gefühl nach dem Sex.

Etwas anschaulicher erklärt es die Sextherapeutin Dr. Aliyah Moore: „Postkoitale Dysphorie ist ein Zustand, in dem man nicht versteht oder nicht erklären kann, warum man sich nach dem Sex traurig fühlt.“ Manche Betroffene weinen, andere sind nur niedergeschlagen.

Studien haben ergeben, dass 46 Prozent aller Frauen und 41 Prozent aller Männer wenigstens einmal in ihrem Leben dieses Gefühl nach dem Sex gehabt haben.

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„Häufige Symptome von postkoitaler Dysphorie sind intensive Gefühle von Traurigkeit und Weinen beim Sex, obwohl man ihn genießt“, ergänzt Dr. Aliyah Moore.

Ursachen hierfür können Missbrauch, Beziehungs- und Bindungsängste und eine gesellschaftliche Prägung sein, die unrealistische Erwartungen schürt oder negative Gefühle mit Sex verbindet.

3. Unterdrückte Gefühle

Beim Sex stehen wir häufig so intensiv mit dem eigenen Körper in Kontakt wie sonst nie. Das kann Gefühle freisetzen, die wir zuvor nicht bemerkt oder für wichtig erachtet haben. Besonders heftige Gefühle können eine dementsprechend heftige Reaktion auslösen.

4. Freude

Doch nicht immer ist das Weinen nach dem Sex eine negative Erfahrung. Wie bei einem besonders romantischen Film oder einer Hochzeit weinen wir manchmal aus Freude. Das kann auch im Bett passieren, wenn der Sex besonders gut war oder man sich schon lange darauf gefreut hat.

„Manche weinen auch, weil sie sich dem/der Partner:in sehr nahe und verbunden fühlen“, sagt Dr. Carla Marie Manly.

5. Dyspareunie

Ein weniger erfreulicher Grund sind Schmerzen beim Sex, die in der Fachsprache als Dyspareunie bezeichnet werden.

Dyspareunie betrifft viele Frauen und ist dennoch ein Tabuthema. Weil Frauen meist nicht darüber sprechen, kann man nur grob schätzen, dass fünf bis 20 Prozent aller Frauen davon betroffen sind.

Die Schmerzen können sowohl an den inneren als auch den äußeren Geschlechtsorganen entstehen und beim Eindringen oder auch erst während des Orgasmus auftreten. Neben Infektionen gibt es auch andere körperliche und psychosoziale Ursachen.

Auch ein Vaginismus kann mit Schmerzen beim Sex verbunden sein. Beim Vaginismus verkrampfen sich die Muskeln des Beckenbodens so sehr, dass weder eine Menstruationstasse noch ein Penis in die Vagina eindringen kann. Probiert man es dennoch, führt das zu Schmerzen.

Die DAK hat hilfreiche Informationen zum Vaginismus und den Behandlungsmöglichkeiten zusammengestellt.

6. Scham

Sexualität ist in vielerlei Dimensionen mit Scham belegt. Man kann einerseits Scham beim Sex empfinden, wenn man sich im eigenen Körper unwohl fühlt oder Angst hat, für sexuelle Vorlieben verurteilt zu werden.

„[Scham beim Sex kann auch] auf den kulturellen oder religiösen Hintergrund einer Person zurückzuführen sein, der eine Person daran hindert, Sex in vollem Umfang und ohne Probleme zu genießen“, sagt Dr. Aliyah Moore.

7. Leistungsdruck

Laut einer Studie haben neun bis 25 Prozent aller Männer und sechs bis 16 Prozent aller Frauen Angst davor, ihre Partner:innen beim Sex zu enttäuschen. Dieser Druck sucht sich sein Ventil manchmal in einem anfangs unerklärlichen Weinkrampf.

Mehr über den Leistungsdruck beim Sex und wie man ihn loswerden kann, kannst du hier lesen.

8. Frustration

Manchmal kommen die Tränen, wenn der Sex nicht so war, wie man ihn sich vorgestellt hat. Das Gegenüber ist nicht auf die vorher geäußerten Wünsche eingegangen, mit dem Orgasmus hat es schon wieder nicht geklappt oder es ist alles anders gelaufen als geplant.

Probleme in der Beziehung können zur Enttäuschung beim Sex führen. Dass der Sex davon unabhängig manchmal nicht klappt, ist ganz normal.

Was tun, wenn du beim Sex weinst?

Dr. Aliyah Moore sagt uns dazu: „Wenn eine Person während oder nach dem Sex weint, ist es wichtig, die Ursache für dieses Gefühl zu kennen. In den meisten Fällen ist eine offene Kommunikation mit dem/der Partner:in entscheidend, um das Problem angemessen zu behandeln. Dies kann sogar die sexuelle und emotionale Verbindung stärken.“

Um die Ursache zu ergründen, schlägt sie vor, dass du dir drei Fragen stellst:

  • War es ein körperliches oder ein emotionales Gefühl?
  • Was ging mir durch den Kopf, als es anfing?
  • War es wegen eines bestimmten Ereignisses in meinem Leben?

Wenn du vor Freude weinst

„Wenn du weinst, weil du von Liebe oder reinem körperlichem Vergnügen überwältigt bist, musst du dir wahrscheinlich keine Sorgen zu machen“, findet Dr. Aliyah Moore. Das ist auch dann der Fall, wenn dir das häufig passiert.

Damit es beim Sex mit einem/einer neuen Partner:in nicht zum Missverständnis kommt, kannst du diese normale körperliche Reaktion vorher erwähnen, falls du regelmäßig von deinen Gefühlen überrollt wirst.

Wenn du nicht wirklich weißt, warum du traurig bist

Es kann laut Chris Tompkins verlockend sein, das Weinen während oder nach dem Sex zu ignorieren oder abzutun. Aber es ist wichtig, darüber zu sprechen und zu verstehen, warum es passiert ist.

Ein Gespräch mit deinem/deiner Partner:in kann dabei helfen, den negativen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Lass dir Zeit beim Erfühlen der Hintergründe deiner Traurigkeit.

Solltest du die Traurigkeit während oder nach dem Sex weiterhin regelmäßig verspüren, solltest du dir professionelle Hilfe suchen. Dafür kannst du dich an deine:n Hausärztin oder Hausarzt wenden oder an eine:n Psychotherapeut:in.

Einen Therapieplatz in deiner Nähe findest du unter anderem über deine Krankenkasse oder bei der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung.

Wenn du Schmerzen hast

Sex soll für alle Beteiligten eine angenehme Erfahrung sein. Solltest du beim Sex Schmerzen haben, dann kommuniziere das offen, damit du und dein:e Partner:in euren Sex so gestalten könnt, dass er auch dir Spaß macht.

Ist Schmerz Teil eures Liebesspiels, sprich mit deinem/deiner Partner:in darüber, wie ihr diese Vorliebe so ausleben könnt, dass sie nicht deine Grenzen überschreitet.

Oft hilft es schon, ein wenig mehr Gleitmittel zu verwenden. Solltest du trotzdem Schmerzen beim Sex haben, wende dich an deine Gynäkologin, um mögliche körperliche Ursachen abzuklären.

Wenn du mit dem Sex oder der Beziehung unzufrieden bist

Lustvoller Sex – allein oder mit einer anderen Person – ist kein Selbstläufer. Dafür musst du genau darüber Bescheid wissen, was dir gefällt und was nicht.

Zum Glück kann der Weg zu diesem Wissen großen Spaß machen; probiere andere Stellungen, ein neues Sexspielzeug oder ein ganz anderes Setting aus. Vielleicht magst du es etwas härter oder sanfter, vielleicht musst du das Tempo oder das Vorspiel verändern.

Werte negative Gefühle nicht als Versagen, sondern als wertvolles Signal. Sprich beim Sex mit einer anderen Person offen über deine Gefühle und Bedürfnisse. Das darfst du übrigens nicht nur in einer langjährigen Partnerschaft, sondern auch bei einem One-Night-Stand.

Was tun, wenn dein:e Partner:in beim Sex weint?

Ein:e weinende:r Partner:in kann bei dir Selbstzweifel und Schuldgefühle auslösen. Begegne deshalb sowohl dir als auch deinem/deiner Partner:in mit Mitgefühl und biete an, dass ihr erst einmal eine Pause einlegt.

In manchen Situationen kann es angemessen sein, den tränenreichen Moment ohne Wertung verstreichen zu lassen und später, in einem ruhigen Moment darüber zu sprechen. Das gibt deinem/deiner Partner:in die Gelegenheit, die eigenen Gefühle zu sortieren.

Geh es langsam an

Insbesondere für Frauen und Menschen mit weiblicher Anatomie kann es etwas dauern, bis sie körperlich bereit für penetrierenden Sex sind. Das bedeutet: Vorspiel, Vorspiel, Vorspiel. Das hilft bei der Erregung beider Partner:innen und ist das beste Mittel gegen Schmerzen und Tränen beim Sex.

Vielleicht benötigt dein Gegenüber schlichtweg eine Pause. In diesem Fall kannst du andere Formen der Intimität anbieten, bis er/sie wieder für Sex bereit ist.

Selbstbewusstsein stärken

Wenn dein:e Partner:in aus Scham oder Selbstzweifel weint, kannst durch liebevolle Kommunikation zur Linderung dieser negativen Gefühle beitragen. Schaffe einen sicheren Raum, in dem ihr über das Problem sprechen könnt und versichere ihr/ihm, dass du sie/ihn begehrenswert findest und den gemeinsamen Sex genießt.

Sprecht ihr dieselbe Liebessprache?

Tränen bei oder nach dem Sex können ein Ausdruck dafür sein, dass es ein tieferliegendes Problem in eurer Beziehung gibt. Da hilft nur offene, wertschätzende Kommunikation.

Es kann zudem hilfreich sein, die Liebessprache deines/deiner Partner:in zu kennen. In diesem Artikel erklären wir, warum das Missverständnisse verhindern und Beziehungen stärken kann.

Fazit: Man darf auch mal weinen

Obwohl viele mit dem Glaubenssatz aufgewachsen, dass Männer nicht weinen dürfen und dass es Frauen schwach macht, ist Weinen eine ganz normale körperliche Reaktion. Wie du darauf reagieren solltest, hängt mit der Ursache zusammen.

Dass dir bisweilen die Tränen kommen, ist kein Grund zur Sorge. Weinst du aber regelmäßig bei oder nach dem Sex, solltest du dir professionelle Unterstützung suchen, damit du der Ursache auf den Grund gehen kannst.

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