Innie oder Outie „Vagina“? Das musst du über Deine Labien wissen
Alles Wissenswerte über deine Labien und warum Innie oder Outie „Vagina“ eigentlich die falschen Begriffe sind
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Alles Wissenswerte über deine Labien und warum Innie oder Outie „Vagina“ eigentlich die falschen Begriffe sind
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Mit den Begriffen „Innie Vagina“ und „Outie Vagina“ werden im Englischen die zwei Kategorien bezeichnet, in die man das Aussehen von Labien grob einteilen kann. Labien ist der Fachbegriff für die Vulvalippen, die wiederum auch Schamlippen genannt werden.
Bei einer „Outie Vagina“ kann man sowohl die inneren als auch die äußeren Vulvalippen sehen – die inneren Vulvalippen sind also „draußen“. Bei einer „Innie Vagina“ dagegen sieht man nur die äußeren Vulvalippen. Die inneren Vulvalippen verstecken sich also „drinnen“.
Beide Varianten sind normal und kommen etwa gleich häufig vor. Dennoch sind viele Menschen mit dem Aussehen ihrer Vulvalippen unzufrieden.
Doch bevor wir darauf eingehen können, wollen wir zunächst ein paar anatomische Grundlagen und die Frage danach klären, warum „Innie Vagina“ und „Outie Vagina“ nicht die richtigen Begriffe für unterschiedliche Arten von Vulvalippen sind.
Jeder Mensch verfügt von Geburt an über innere und äußere Geschlechtsorgane. Bei Menschen mit weiblichen Genitalien kommt es immer wieder zur Verwirrung darüber, in welche Kategorie die Vagina einzuordnen ist und worum es sich dabei eigentlich handelt.
Die Vagina ist Teil der inneren Geschlechtsorgane. Sie ist der elastische „Schlauch“, der von der Vaginalöffnung zum Gebärmutterhals führt, hinter welchem sich die Gebärmutter befindet.
Sie ist der Weg, über den Menstruationsblut den Körper verlässt und auf dem Kinder geboren werden, sofern sie nicht mittels eines Kaiserschnitts auf die Welt geholt werden. Auch beim Sex kann sie eine entscheidende Rolle spielen.
Die äußeren Geschlechtsorgane einer Person mit einer Vagina nennt man Vulva. Mit der Vaginalöffnung haben wir bereits einen Teil der Vulva kennengelernt.
Direkt über der Vaginalöffnung liegt die Harnröhrenöffnung, aus welcher der Urin kommt. Zusammen liegen diese beiden Öffnungen im Scheidenvorhof. Dieser wiederum wird von den inneren Vulvalippen oder auch Labia minora umsäumt. Sie beginnen am unteren Ende des Scheidenvorhofs, verlaufen nach oben und bilden dort eine schützende „Mütze“ für die Klitoriseichel.
Die Klitoriseichel ist etwa erbsengroß und sitzt über der Harnröhrenöffnung. Sie wird oft nur als Klitoris bezeichnet – dabei handelt es sich allerdings um ein viel größeres Organ, das größtenteils im Körperinneren liegt. Mehr über die Klitoris erfährst du hier.
Am oberen Ende der Vulva liegt der Venushügel, der meist von Intimhaaren geziert wird, und am unteren Ende trennt der sogenannte Damm die Vulva vom After.
Die äußeren Vulvalippen heißen Labia Majora. Sie begrenzen die Vulva zu den Seiten und können alle anderen Teile der Vulva (außer den Venushügel) umschließen. Es kann aber auch sein, dass Teile der inneren Vulvalippen und Klitoris rausgucken.
Dass deine Vulva so wie die oben abgebildete aussieht, ist etwa so wahrscheinlich wie zwei Menschen mit denselben Fingerabdrücken. Neben der Unterscheidung in „Innie“ und „Outie“ gibt es auch Vulven mit asymmetrischen Vulvalippen, unterschiedlichen Mengen an Intimhaaren und unterschiedlich großen Klitoriseicheln.
Nach wie vor gibt es keine zufriedenstellenden Studien oder Messungen zu der unglaublichen Vulva-Vielfalt.
Im Jahr 2018 wurde jedoch ein erster Versuch unternommen, die Variationen im Aussehen von Vulven darzustellen. Für diese Studie untersuchten die Forscher:innen 657 Menschen mit Vulven zwischen 15 und 84 Jahren und mit unterschiedlichen BMI. Alle diese Menschen waren solche weißer Hautfarbe.
Das Alter und das Gewicht spielen eine wichtige Rolle, das Aussehen der Vulva wird jedoch auch von der ethnischen Zugehörigkeit und dem Hauttyp bestimmt. Deshalb erlaubt diese Studie zwar eine gute, aber nicht umfassende Übersicht.
Bei den untersuchten Personen waren die äußeren Vulvalippen zwischen 1,2 und 18 cm lang (nein, das ist kein Tippfehler). Ihre inneren Vulvalippen waren zwischen 0,5 und 10 cm lang und zwischen 0,1 und 6,1 cm breit.
1. Eine Vulva mit kurzen Vulvalippen ist normal.
2. Eine Vulva mit langen Vulvalippen ist auch normal.
3. Eine Vulva mit breiten inneren Vulvalippen? Auch normal.
Im Jahr zuvor untersuchte eine andere Studie an 244 Personen, bei wie vielen die inneren Vulvalippen sichtbar waren. 56 Prozent der Untersuchten hatten eine „Outie“ – also eine Vulva, bei der sowohl die inneren als auch die äußeren Vulvalippen sichtbar sind.
In dieser Studie sahen 86,5 Prozent der Befragten ihre Vulvalippen als normal an. Von denjenigen, die mit dem Aussehen ihrer Vulvalippen nicht zufrieden waren, hatten 73,3 Prozent eine „Outie“.
Dabei handelt es sich um kosmetische Bedenken, die mit der tatsächlichen Funktion der Vulvalippen in keinem Zusammenhang stehen. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Form der Vulvalippen einen Einfluss darauf hat, wie viel sexuelle Lust eine Person erleben kann – wobei sie durchaus eine erogene Zone sein können.
Wenn die inneren Vulvalippen deutlich größer als bei einer normalen Vulva sind, spricht man von einer Labienhypertrophie. Weil es keine normale Vulva gibt, gibt es jedoch keine Definition dafür, aber welcher Länge oder Breite eine Labienhypertrophie vorliegt.
Es handelt sich darum um eine vermeintliche und keine echte Fehlbildung und erst recht keine Krankheit. Deshalb ist die Dimension der Vulvalippen allein auch kein Grund für einen operativen Eingriff.
Dennoch werden immer wieder Eingriffe zur Verkleinerung von Vulvalippen durchgeführt. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:
Die Labienhypertrophie wird nur dann zum gesundheitlichen Problem, wenn sie Schmerzen verursacht – etwa beim Tragen enger Kleidung, Sport oder Sex. In diesem Fall würde man eine Labioplastik, also eine chirurgische Verkleinerung der Vulvalippen, in Betracht ziehen.
Viel häufiger besteht das Problem jedoch in dem Schamgefühl, das viele Menschen mit dem Aussehen ihrer Vulva verbinden. Wie oben beschrieben sind primär Menschen mit einer „Outie“ von dieser Unzufriedenheit betroffen.
Dass Labioplastiken meist ohne medizinischen Grund durchgeführt werden, zeigt eine Studie, die 2011 in einem Londoner Krankenhaus durchgeführt wurde. Dort stellten sich Menschen vor, die von ihren Hausärzt:innen für eine mögliche Labioplastik überwiesen wurde.
Mit durchschnittlich 2,4 cm breiten inneren Vulvalippen bewegten sich die Untersuchten im oben beschriebenen Mittel. Als Motivation wurden das Aussehen der Vulva und leichte Beschwerden – jedoch keine Schmerzen – angegeben.
Im Jahr 2020 warf eine weitere Studie einen genaueren Blick auf die Motivation für Labioplastiken. Die 124 Befragten konnten in einem Fragenkatalog mehrere Gründe für ihre geplante Labioplastik angeben. Unter anderem wurden genannt:
Den Studienergebnissen zufolge spielten körperliche Beschwerden zwar bei über der Hälfte der Befragten eine Rolle, jedoch sticht der große Anteil an Befragten, die sich für das Aussehen ihrer Vulva schämten, heraus.
Während viel Pornografie und die dort gezeigten Bilder von haarlosen Vulven mit unauffälligen Vulvalippen für diese Scham verantwortlich machen, spielte dies bei nur 11 Prozent der Befragten eine Rolle.
Vulven sind allerdings schon lange nicht mehr nur in Pornos zu sehen. Bereits im Jahr 2014 führten Wissenschaftler:innen eine Studie durch, bei welcher sie sich mit den Abbildungen in den Ausgaben des Playboys zwischen 1950 und 2013 beschäftigten.
Während im Jahr 1950 keine einzige Abbildung einer Vulva im Playboy enthalten war, war sie im Jahr 2013 auf 78,6 Prozent der Bilder zu sehen. Zudem rückte die Vulva über die Jahre immer mehr in die Bildmitte und damit in das Zentrum der Aufmerksamkeit.
Die Vulva, die auf solchen Bildern präsentiert wird, ist meist eine schlechte Repräsentation echter Vulven. Sie ist möglichst klein, glatt, prall und verschlossen – wie bei einem vorpubertären Kind.
Abbildungen einer kleinen, kindlichen Vulva vermitteln nicht nur den Eindruck, Menschen mit einer Vagina hätten keine richtige Sexualität. Sie schüren schon bei Jugendlichen Zweifel darüber, ob ihre Körper normkonform sind, die sich in den darauffolgenden Jahren regelmäßig verhärten.
Dieses falsche Bild der Vulva wird jedoch nicht erst dann vermittelt, wenn Jugendliche mit expliziten Inhalten in Kontakt kommen, sondern bereits in der Kindheit. Darüber haben wir mit der Sozialarbeiterin und Gründerin der Online-Selbsthilfegruppe „Moms for Mental Health“, Jilian Amodio, gesprochen.
„Von klein auf werden weiblich gelesene Menschen mit falschen Vorstellungen davon konfrontiert, wie unsere Körper aussehen. Puppen und Barbies sind in den seltensten Fällen anatomisch korrekt und die grundlegenden Bilderbücher, die Kindern Anatomie beibringen sollen, enthalten oft keine ausführlichen, umfassenden oder vielfältigen Darstellungen der tatsächlichen Genitalien.“
„In Verbindung mit den schambehafteten Botschaften, die in den Gesprächen über unsere Körper vermittelt werden, ist es kein Wunder, dass wir uns schämen oder unsicher fühlen.“
„Von klein auf wird vielen Menschen (bewusst oder unterbewusst) beigebracht, sich für ihre Genitalien zu schämen oder Kosenamen für sie zu verwenden, welche die Signifikanz und Kraft dieser Körperteile verschleiern.“
„Wir werden nur selten über die verschiedenen Erscheinungsformen von Körperteilen aufgeklärt, die fast ausschließlich im Verborgenen bleiben. Wenn Kinder keine offenen Diskussionen über solche Konzepte führen, kann ihnen auch im Erwachsenenalter das Wissen darüber fehlen, was normal oder nicht normal ist.“
Während es im Jahr 2003 noch 793 kosmetische Genitaloperationen in den USA gab, waren es 2019 laut der American Society of Plastic Surgeons bereit 11.000 Operationen. Allein zwischen 2015 und 2019 stieg die Zahl der chirurgischen Labioplastiken weltweit um 73,3 Prozent.
Diese Eingriffe haben zwar selten Komplikationen und die meisten sind nicht schwerwiegend, doch vereinzelt können sie durch Narbenbildung und die Verletzung von Nervenenden gravierende Folgen haben.
Dies stellt insbesondere deshalb ein gravierendes Problem dar, da nahezu die Hälfte der Betroffenen keine körperlichen Symptome haben, die ausschließlich durch eine Operation behoben werden könnten.
Mit schadhaften gesellschaftlichen Idealen kann man auf unterschiedliche Weisen umgehen. Natürlich könnten wir diejenigen verurteilen, die sich für eine „schönere“ Vulva unter das Messer legen und so noch weiter zu diesem unrealistischen Schönheitsideal beitragen.
Dieser Ansatz würde jedoch den echten Leidensdruck derjenigen negieren, die zu solch drastischen Mitteln greifen. Statt unseren Blick zu sehr auf operierte Vulven zu richten, würden wir lieber mehr echte Vulven sehen.
Deshalb haben wir dir einige Quellen und Produkte zusammengestellt, welche die Schönheit der Vulva feiern und zu einer Normalisierung der Vulva-Vielfalt beitragen:
In der Labia Library der Non-for-profit-Organisation Women’s Health Victoria werden Bilder der Vulven echter Frauen gezeigt. Die Organisation war besorgt über die steigende Zahl der Intimoperationen und wollte ein Gegengewicht zu den herkömmlichen Vulva-Abbildungen schaffen.
Kanäle wie The Vulva Gallery und This is a vulva bereichern deinen Feed mit vulvapositiven Inhalten und realistischen Abbildungen.
Die Künstlerin Gloria Dimmel hat Gipsabdrücke der Vulven von 18 Personen gemacht und daraus das Memory-Spiel PUSSY PAIRS entwickelt. Das macht gleichzeitig Spaß und ist effektiv gegen Berührungsängste und Vorurteile.
Der Künstler Jamie McCartney hat 400 Gipsabdrücke von Vulven gemacht. Nach Deutschland hat es die Wanderausstellung bisher nicht geschafft, die Abdrücke können jedoch auch in einer virtuellen Ausstellung betrachtet werden.
Das Kollektiv Vulvaversity bringt jedes Jahr einen Kalender mit diversen Vulven raus und bietet auch Workshops und Vulva-Fotoshootings an.
Noch mehr über die Vulva und Vagina, ihre Funktionen und Rolle in der Sexualität kannst du in der 3sat-Doku „Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust“ lernen.
In diesem Artikel der BBC erklärt die Fotografin Laura Dodsworth, warum sie die Vulven von 100 Menschen fotografiert hat. Neben den Fotografien und einen Interview mit Laura Dodsworth enthält der englischsprachige Artikel auch Interviews mit sechs der abgebildeten Personen über ihre Erfahrungen mit Scham, Vulvalippenverkleinerungen und Masturbation.
Ob deine Vulvalippen lang oder kurz, symmetrisch oder asymmetrisch, von einem dichten Urwald umgeben oder Frischluftfanatikerinnen sind – jede Vulva ist auf ihre eigene Art und Weise schön.
Lange Vulvalippen sind nur dann ein Problem, wenn sie dir körperliche Schmerzen bereiten – etwa beim Sex oder wenn du enge Kleidung trägst. In diesem Fall solltest du dich von deine:r Gynäkolog:in beraten lassen.
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