Das stimmt allerdings nicht. Nicht nur sind Intimhaare nicht unhygienisch, sie haben sogar einen Nutzen. Sie machen zum einen den Sex angenehmer, weil sie für weniger Reibung sorgen. Wenn Haut auf Haut reibt, kann das nämlich ziemlich wehtun.
Noch wichtiger ist aber, dass sie Bakterien von den Genitalien fernhalten. Sie funktionieren ähnlich wie Wimpern und Nasenhaare, in denen ebenfalls einiges an Dreck und Mikroorganismen hängenbleibt.
Unhygienisch wird es nur, wenn du dich nicht wäscht – wovon wir nicht ausgehen. Für die Reinigung deiner Intimbehaarung reicht warmes Wasser. Wenn du über eine Vulva verfügst, solltest du für den Genitalbereich keine Seife verwenden.
Eine kleine Einschränkung gibt es allerdings: Eine Studie legt nahe, dass die Entfernung von Intimhaaren dazu beigetragen haben könnte, dass heute kaum noch jemand Filzläuse hat.
Konsequenzen der Haarfreiheit
Angesichts der wenigen stichhaltigen medizinischen Gründe für die Entfernung von Intimhaaren bleiben nur die eigene und die Vorliebe des/der Partner:in als valide Beweggründe.
Doch welche Konsequenzen haben die Entfernung von Intimhaaren und die damit einhergehenden Unterschiede in Bezug auf die Kosten?
Intimhaarentfernung führt zu Verletzungen
Ein extremes Beispiel für die Risiken der Intimhaarentfernung ist eine junge Australierin mit Typ 1 Diabetes, bei der ein Brazilian Bikini Waxing zu einer lebensbedrohenden Sepsis führte. Sie musste deshalb zehn Tage lang in einem Krankenhaus behandelt werden.
Doch es geht auch harmloser. Umfragen zufolge haben sich ein Viertel aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben bei der Entfernung ihrer Intimhaare verletzt, unter Menschen mit einer Vagina sind es sogar 60 Prozent.
Das ist einerseits darauf zurückzuführen, dass Menschen mit Penis in der Regel weniger invasive Instrumente (Trimmer) verwenden und dass sie ihre Haare andererseits seltener entfernen. Mit der Anzahl der absoluten Behandlungen sinkt dementsprechend das Verletzungsrisiko.
Eine Studie in den USA untersuchte von 2002 bis 2010, wie viele Menschen mit Verletzungen in Notaufnahmen aufgenommen wurden, die durch Haarentfernungsprodukte verursacht wurden (das schließt Behandlungen in Studios aus).
Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass sich 57 Prozent der Betroffenen als Frauen identifizierten und dass nicht elektrische Rasierer zu 83 Prozent der Verletzungen geführt hatten. Überwiegend handelte es sich dabei um Schnittwunden an den weiblichen Genitalien.
Die Verwendung von Rasierern kann aber auch zu Hautreizungen, allergischen Reaktionen und Entzündungen führen. 1,2 Prozent der Fälle waren Verbrennungen, die sich ausschließlich Menschen mit einer Vagina bei der Heimanwendung mit heißem Wachs zugefügt hatten.
Elektrische Trimmer, wie sie primär von Menschen mit Penis verwendet werden, waren dagegen nur für 0,7 Prozent der Verletzungen verantwortlich. Nur 2 Prozent der Verletzungen waren darauf zurückzuführen, dass die Haarentfernungsprodukte falsch verwendet wurden.
Bei der Betrachtung dieser Ergebnisse ist es wichtig zu bedenken, dass es sich hier nur um Fälle handelt, die in Notaufnahmen behandelt wurden. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein, weil viele Menschen sich bei einer Hautreizung oder einer Schnittwunde mutmaßlich eher selbst um die Behandlung kümmern oder sich an Hausärzt:innen oder Dermatolog:innen wenden.
Bei Menschen mit Vagina kommt es häufiger zu Verletzungen bei der Entfernung von Intimhaaren. Besonders sicher sind elektrische Trimmer, da sie die Haare über der Haut abschneiden und diese somit nicht irritieren können.
Sexuell übertragbare Krankheiten
Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat die Intimhaarentfernung mit einer höheren Gefahr einer Infektion mit einer sexuell übertragbaren Krankheit in Verbindung gebracht. Diese Studie steht jedoch auf wackligen Beinen.
Die Entfernung von Intimhaaren wird nämlich außerdem mit einer erhöhten sexuellen Aktivität in Verbindung gebracht. Das bedeutet: Wer sexuell aktiv ist, entfernt sich eher die Intimhaare als jemand, der oder die nicht sexuell aktiv ist.
Dass dieselbe Gruppe eher von sexuell übertragbaren Krankheiten betroffen ist als Menschen, die weniger oder keinen Sex haben, ist eine logische Schlussfolgerung. Wie die Entfernung von Intimhaaren damit zusammenhängt, konnte die Studie nicht nachweisen.
Allerdings legt eine andere Studie nahe, dass beim Waxing die natürliche Schutzfunktion der Haut gestört wird. Diese stellt normalerweise eine Barriere gegen Viren und Bakterien dar. Die Forscher:innen gehen deshalb davon aus, dass sexuell übertragbare Krankheiten nach dem Waxing eine höhere Chance haben, tatsächlich übertragen zu werden.
Intimrasur als gesellschaftliche Norm
Über die Hälfte der Befragten mit Vagina und über ein Drittel der Befragten mit Penis gaben an, ihre Intimhaare zu entfernen, weil sie sich dann selbst attraktiver fühlen. Während jede Person ihre eigene Definition von Attraktivität hat, wird diese maßgeblich dadurch beeinflusst, was gesamtgesellschaftlich als attraktiv angesehen wird.
Intimhaare wurden bereits in der Antike entfernt, was wir allein schon daran erkennen können, dass sie in der Kunst kaum zu sehen waren, bis das 19. Jahrhundert um die Ecke kam. Heute wird unser Bild vom perfekten Intimbereich stark durch Pornos geprägt. Für diese werden die Darsteller:innen in der Regel glattrasiert, damit man wirklich alles sehen kann.
Mit dem 21. Jahrhundert hat der unverhüllte Genitalbereich aber auch in nicht pornografischen Filmen und anderen Medien Einzug gehalten. Wer weiß, dass er oder sie im Playboy oder in der Bravo abgelichtet wird oder den eigenen Genitalbereich in einer anderen Weise der Öffentlichkeit präsentiert, wird diesen in aller Regel von jeglicher Behaarung entfernen.
Dadurch entsteht vorrangig bei jungen Menschen der Eindruck, dass ein haarloser Genitalbereich nicht nur erstrebenswert, sondern schlichtweg normal ist. Das schürt bei ihnen sowohl Erwartungen an ihre Sexualpartner:innen, als auch an sie selbst.
Diese Erwartungen sind auch in unserer Umfrage zum Vorschein gekommen. Über ein Viertel der Befragten gab an, dass die Intimbehaarung einer Person ein Kriterium dafür ist, ob sie diese Person daten würden.