1, 3 oder doch 30 Minuten? Wie lange dauert guter Sex wirklich?

Was wir über die Sexdauer wissen und worauf es bei gutem Sex wirklich ankommt

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Die kurze Antwort gleich vorweg: Guter Sex dauert so lange, wie er sich für alle Beteiligten gut anfühlt. Es kommt also ganz darauf an, was ihr erwartet und als gut empfindet. Die Dauer ist dabei nur ein Faktor, und der kann ganz unterschiedlich aussehen.

Was halten wir für guten Sex?

Heißer, aufregender Sex die ganze Nacht hindurch. Stundenlanges Liebesspiel, exotische Stellungen, multiple Orgasmen und am besten mehrere Runden des Geschlechtsakts.

So oder so ähnlich stellen Pornos, Filme und einschlägige Bücher „guten“ Sex gern dar. Es ist also gar nicht verwunderlich, dass für viele Menschen der Faktor „Dauer“ eine wichtige Rolle dabei spielt, die Qualität des (eigenen) Liebesspiels zu messen.

Aber ist länger wirklich besser? Wie realistisch sind die häufig dargestellten Szenarien? Und welche Zahlen und Fakten sind zur Länge des Geschlechtsakts überhaupt bekannt?

Wir schauen uns an, was Forscher:innen bislang über die Sexdauer herausgefunden haben, wo die Probleme dieser Erkenntnisse liegen und worauf es beim Sex wirklich ankommt.

Durchschnittswerte: So lange dauert Sex

Nehmen wir also zunächst einmal die Wertung „gut“ aus der Gleichung heraus und schauen uns an, was über die durchschnittliche Dauer von Sex bekannt ist. Quantität lässt sich nämlich leichter messen als Qualität.

Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Studien und Umfragen aus unterschiedlichen Ländern, die einen Einblick ins Liebesleben geben.

So befragte beispielsweise der Kondomhersteller Durex 2006 gut 22.000 Menschen nach der Dauer ihrer sexuellen Aktivität.

  • Spitzenreiter bei der damaligen Online-Umfrage war Nigeria mit satten 24 Minuten.
  • Schlusslicht der 26 Länder war Indien mit 13,2 Minuten.
  • Deutschland lag mit 17,6 Minuten auf Rang 16 und damit im soliden Mittelfeld.

Andere Studien verfolgten einen anderen Ansatz: Im Jahr 2005 ließ ein australisches Forschungsteam 500 heterosexuelle Paare aus fünf Ländern einen Monat lang die Zeit stoppen, die zwischen dem Eindringen des Penis in die Vagina und der Ejakulation verging.

Das Ergebnis hätte kaum weiter von dem der Durex-Umfrage entfernt sein können: Im Schnitt entfielen lediglich 5,4 Minuten auf den reinen Geschlechtsverkehr.

Das Institut für Männergesundheit in Hamburg kommt zu einem sehr ähnlichen Ergebnis: Deutsche heterosexuelle Paare haben demnach zwischen 3,8 und 5,9 Minuten penetrativen Geschlechtsverkehr.

Andere Forschende versuchten, die ideale Sexdauer zu erfassen, indem sie Mitglieder der „Society for Sex Therapy and Research in the United States and Canada“ zu ihrer Einschätzung befragten. Heraus kam folgende Aufteilung:

  • 1-2 Minuten wurden als „zu kurz“ erachtet
  • 3-7 Minuten erhielten den Titel „angemessen“
  • 7-13 Minuten galten als „wünschenswert“
  • 10-30 Minuten hingegen wurden als „zu lang“ eingestuft

Im Idealfall müsste Sex also zwischen 3 und 13 Minuten dauern. Auch diese Angabe bezieht sich auf vaginale Penetration.

Sexdauer: Woher kommt die Differenz?

Wie kommt es aber nun zu so starken Abweichungen bei der Zeitangabe? Dazu gibt es mehrere mögliche Interpretationen:

  1. Einerseits ist es bei einer Online-Umfrage sehr leicht, einfach zu lügen oder zu übertreiben.
  2. Möglich wäre auch, dass das individuelle Zeitgefühl beim Sex verzerrt ist. Wer schaut schon jedes Mal auf die Uhr? In diesem Fall hätten die Teilnehmenden der Umfragen sich schlicht verschätzt.
  3. Eine dritte Möglichkeit ist eine unterschiedliche Definition von „Sex“. Wissenschaftliche Studien, wie auch die oben genannte, reduzieren das Liebesspiel auf den reinen Geschlechtsverkehr zwischen heterosexuellen Paaren. Das Vorspiel oder andere sexuelle Spielarten, wie Oral- oder Analsex, werden nicht berücksichtigt.

Dass bei einer anderen Definition, die beispielsweise das Vorspiel mit einschließt, andere Zeitangaben herauskommen als beim bloßen Rein-Raus, liegt also auf der Hand.

Schwächen der Studien

Darin liegt auch eine Schwäche vieler Studien und Umfragen: Manchmal ist die Definition von Sex zu eng, manchmal nicht klar genug, und oft ist vor allem aus Umfrageergebnissen nicht ohne Weiteres abzulesen, wie genau die Fragestellung aussah. Das macht es schwer, wirklich Vergleiche anzustellen oder Schlussfolgerungen zu ziehen.

Bei den wissenschaftlichen Studien ist zumindest die Fragestellung leicht herauszufinden. Problematisch ist jedoch der oft enge Fokus, der alles außer „Penis in Vagina“ und „Ejakulation“ auslässt. Rein praktisch ist das nachvollziehbar, sind diese beiden Aspekte doch sehr leicht messbar.

Allerdings entstehen dadurch zwangsläufig Lücken in der Betrachtung. Schließlich haben auch heterosexuelle Paare nicht nur Geschlechtsverkehr im engsten Sinne. Gleichgeschlechtliche Paare werden bei diesem Fokus von vornherein ausgeschlossen. Und auch der Blick hauptsächlich auf den männlichen Orgasmus ist unbefriedigend.

Nicht zuletzt fallen auch individuellere Definitionen von „Sex“ bei dieser Betrachtungsweise aus der Forschung heraus. Für viele Menschen ist der nämlich zum Beispiel erst vorbei, wenn alle Beteiligten einen Orgasmus hatten. Und schließlich gibt es auch noch Menschen, die selten oder nie zum Orgasmus kommen, aber natürlich trotzdem Sex haben.

Studien mit anderem Fokus

Zum Glück gibt es jedoch auch andere Untersuchungen, die wenigstens einige dieser Aspekte berücksichtigen. 2020 etwa erschien im Journal of Sexual Medicine zum Beispiel eine Studie, die die Dauer bis zum Orgasmus bei heterosexuellen Frauen untersuchte.

Das Ergebnis: Im Schnitt kamen die Frauen nach 13,41 Minuten zum Höhepunkt. Die vaginale Penetration genügte dabei für viele nicht, um einen Orgasmus zu erreichen. Sie mussten auf bestimmte Stellungen oder andere zusätzliche Stimulation zurückgreifen.

Bestünde heterosexueller Sex also nur aus vaginaler Penetration bis zur Ejakulation, dürften Frauen beim Akt mit einem Mann kaum je einen Orgasmus haben.

Das wird auch von einer Untersuchung aus dem Jahr 2015 gestützt. Von 1055 befragten Frauen zwischen 18 und 94 gaben lediglich 18,4 % an, dass sie durch Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt kämen, wohingegen 36,6 % eine zusätzliche Stimulation der Klitoris brauchten. Weitere 36 % erlebten zudem schönere Orgasmen, wenn die Klitoris mit einbezogen wurde.

Auch dieses Ergebnis spricht also dafür, die durchschnittliche Dauer vaginaler Penetration nicht mit gutem Sex gleichzusetzen.

Gibt es eine ideale Sexdauer?

Den bisher betrachteten Untersuchungen nach können wir bereits auf eine große Bandbreite dessen schließen, was als „ideale Sexdauer“ interpretiert werden könnte.

In der Tat gibt es auch Hinweise darauf, dass eine nennenswerte Anzahl von Menschen weniger lang Sex hat, als ihnen lieb wäre:

  • Eine Untersuchung aus dem Jahr 2010 ergab, dass von 150 verheirateten japanischen Frauen 48 % gern längeren Geschlechtsverkehr hätten.
  • Und eine Studie von 2004 ergab, dass die 152 befragten Männer und Frauen sich längere sexuelle Aktivität wünschten – nämlich 18-19 Minuten, den eigentlichen Geschlechtsakt noch nicht mitgerechnet.

Längerer Sex ist laut Twitter-Nutzer:innen nicht unbedingt besser

Auf der anderen Seite ergab eine informelle Twitter-Umfrage mit 819 Teilnehmenden, dass längerer Sex nicht unbedingt als besser wahrgenommen wird. Auf die Frage, ob ihnen bei penetrativem Geschlechtsverkehr schon einmal langweilig geworden sei oder sie sich gewünscht hätten, es wäre schon vorbei, antworteten satte 82 % mit „Ja“.

Eine weitere Umfrage auf dem Kurznachrichtendienst richtete sich besonders an die Empfänger:innen von penetrativem Sex. Sie ergab, dass von den 2.380 Beteiligten 62 % eine reine Penetrationszeit von 5-10 Minuten angenehm und wünschenswert fanden. Nur ein gutes Viertel wünschte sich mehr als 11 Minuten penetrativen Sex.

Die befragten Sexualtherapeut:innen aus der oben erwähnten Studie lagen mit ihrer Einschätzung von 3-13 Minuten idealer Sexdauer, bezogen auf vaginale Penetration, offenbar gar nicht so falsch.

Gleichgeschlechtlich weibliche Paare haben den längsten Sex

Bei den wissenschaftlichen Studien gibt es auch in diesem Bereich wieder die Schwäche, dass sie sich auf heterosexuelle Paare konzentrieren.

Den längsten Sex haben nämlich gleichgeschlechtlich weibliche Paare. Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2014 haben sie zwar seltener Sex als heterosexuelle oder gleichgeschlechtlich männliche Paare, dafür aber deutlich länger: 30-45 Minuten im Schnitt. Bei den anderen Paaren sind es durchschnittlich 15-30 Minuten. Wie der Vergleich zeigt, ist hier die Definition von „Sex“ weiter gefasst als in anderen Studien.

Worauf es beim Sex wirklich ankommt

Vom Klischee der heißen, langen Liebesnacht bleibt also bei genauerer Betrachtung kaum etwas übrig. Weder deuten messbare Zahlen darauf hin, dass dieses Szenario besonders realistisch ist, noch scheinen Menschen derart sportliche Leistungen zu erwarten.

Auch wenn es also zwar eine Zeitspanne zumindest für vaginal-penetrativen Sex zu geben scheint, die viele Menschen mit Vagina als wünschenswert empfinden, ist dies nur ein Aspekt für ein gelungenes Liebesspiel.

Worauf also kommt es noch an – oder sogar noch mehr?

In allererster Linie sollte es um den Spaß und die Lust aller Menschen gehen, die am Sex beteiligt sind.

Dazu gehört, dass Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten befriedigt werden, körperlich und psychisch. Und die variieren nicht nur von Mensch zu Mensch und von Paar zu Paar, sondern auch von einer Situation zur anderen.

Mal soll es vielleicht heiß und wild hergehen, mal der spontane Quickie in der Mittagspause sein und dann wiederum ein romantischer Abend mit Slow Sex und ganz viel Zärtlichkeit. Fetische wollen berücksichtigt, aber vielleicht nicht immer ausgelebt werden, und ob am Ende ein Orgasmus steht oder nicht, ist oft genug auch Nebensache.

Dass bei all der Varianz die Dauer ebenfalls sehr variabel ist, dürfte niemanden verwundern. Haltet euch also nicht an einer bestimmten Zeitspanne fest. Es gibt für Sex keine Standards, die erfüllt werden müssen, sondern lediglich Durchschnittswerte. Ob ihr die erreicht, ist vollkommen belanglos, solange ihr euch beim Liebesspiel wohlfühlt.

Fazit: Qualität vor Quantität

Wie lange guter Sex dauern sollte, ist also pauschal nicht zu beantworten. Die Dauer allein macht den Geschlechtsakt schließlich auch noch nicht „gut“. Und die Forschungslücken zu einer möglichen idealen Sexdauer sind noch groß genug.

Konzentriert euch daher lieber darauf, was euch gefällt und womit ihr zufrieden seid. Ob ihr diese Zufriedenheit in 30 Sekunden oder 30 Minuten erreicht, ist unwichtig. Die Uhr hat beim Liebesspiel höchstens dann etwas zu suchen, wenn es nicht länger als die Mittagspause sein darf.

Nehmt euch die Zeit, die ihr braucht, konzentriert euch auf eure Bedürfnisse und setzt euch nicht mit tatsächlichen oder eingebildeten Erwartungen unter Druck.

Guter Sex ist nämlich Sex, der sich gut anfühlt. Logisch, oder? Und dabei ist Länge nur ein Faktor von vielen.

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