Was bedeutet es, polysexuell zu sein?

Die Auswahl ist groß! - Warum sich nur auf ein einziges Geschlecht beschränken?

Polysexualität
In diesem Artikel

Lesbisch, schwul, bisexuell, pansexuell, heterosexuell, omnisexuell, polysexuell – Es gibt viele verschiedene sexuelle Orientierungen. Die Zeiten, in welchen Männer und Frauen vermeintlich ausschließlich auf Frauen bzw. Männer standen (oder dies jedenfalls aufgrund gesellschaftlicher Zwänge so angeben mussten) sind also längst vorbei.

Doch hierdurch, und durch die große Vielfalt an Begrifflichkeiten, entstehen oftmals Unsicherheiten. Was genau bedeutet pansexuell? Mit wem hat eine omnisexuelle Person Sex? Ist er denn jetzt eher schwul oder bisexuell?

Das Aussehen eines Menschen verrät dessen sexuelle Orientierung jedenfalls nicht, wie dieses Video zeigt. In diesem mussten verschiedene Personen herausfinden, welche sexuelle Identität das jeweilige Gegenüber hat. Die Ratenden versuchten nun, anhand von Fragen wie “Kennst Du Cher?” oder “Was ist Dein Lieblingssport?” sowie anhand anderer Kriterien wie Gestik, Mimik, Kleidungsstil, Stimme, Geruch etc. auf die sexuelle Orientierung ihrer MitspielerInnen zu schließen. Dies erwies sich jedoch als äußerst knifflig und oftmals wurden falsche Schlüsse gezogen.

Und wie sieht eigentlich ein polysexueller Mensch aus? Auf diese Frage können wir Dir natürlich auch keine allgemeingültige Antwort geben. Wir können Dir aber erklären, was genau polysexuell bedeutet.

Was heißt polysexuell?

Polysexuell bedeutet, dass sich eine Person zu Menschen verschiedener Geschlechter im romantischen und/oder sexuellen Sinne hingezogen fühlt.

Moment mal! Gibt es nicht nur zwei Geschlechter? Wenn man nur auf die Chromosomen, Genitalien, Hormone und andere körperliche Gegebenheiten einer Person schaut, könnte man tatsächlich denken, dass es nur Männer und Frauen gibt. Allerdings existieren auch intersexuelle Menschen, also Menschen, die Merkmale beider Geschlechter aufweisen. Daher hat der Gesetzgeber auch den Begriff “divers” eingeführt.

Hinzukommen Menschen, die zwar vielleicht rein körperlich eindeutig Mann bzw. Frau sind, die jedoch eine nicht-binäre Geschlechtsidentität aufweisen. Dies bedeutet etwa, dass sie sich nicht komplett wie ein Mann, aber auch nicht komplett wie eine Frau fühlen, dass ihre Geschlechtsidentität nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt oder dass sie sich weder als männlich noch als weiblich empfinden.

Bezeichnungen für nicht-binäre Geschlechtsidentitäten gibt es wie Sand am Meer, denn queere Menschen haben oftmals sehr individuelle Empfindungen, sodass ein einziger Begriff zumeist nicht hundertprozentig auf sie zutrifft oder zu allgemein ist.

Beispiele für Geschlechtsidentitäten sind etwa:

  • Bigender
  • Transgender
  • Transmann, Transfrau
  • Pangender
  • Genderfluid
  • Agender
  • Demigirl/Demiboy

Polysexuelle Menschen gehen also über Geschlechtergrenzen hinaus und möchten nicht nur sexuelle Beziehungen zu einem einzigen Geschlecht unterhalten. Andererseits haben sie auch Grenzen, schließen also einige Geschlechter als Sexualpartner aus, denn “poly” bedeutet “viele”, jedoch nicht “alle”.

Beispiel polysexuell: Karla ist eine Frau. Sie steht zunächst auf Menschen ihres eigenen Geschlechts, liebt es, geleckt zu werden und mit ihren Geschlechtsgenossinnen in den 7. Orgasmus-Himmel zu schweben. Dies kann sie sich auch mit Transfrauen vorstellen, also mit Menschen, die eigentlich männlichen Geschlechts sind, die sich jedoch wie eine Frau fühlen. Darüber hinaus ist Karla auch Männern nicht abgeneigt. Sie mag es, gemeinsam mit ihnen Sextoys und verschiedene Stellungen auszuprobieren.

Beispiel 2 polysexuell: Paul findet alle Menschen attraktiv, die sich auf der “männlichen” Seite des Gender-Spektrums befinden. So liebt er Analsex mit Männern, kann sich aber auch Pegging mit einer Bigender-Frau, die sich während des Geschlechtsverkehrs als Mann fühlt, vorstellen. Auch Transmänner findet Paul erotisch und könnte mit ihnen in einer Beziehung leben. Ein heißes Vorspiel oder gar Sex mit cisgender Frauen schließt er dahingegen komplett aus.

Polysexuell, bisexuell, pansexuell, omnisexuell, polyamor, polygam – Ist das nicht alles dasselbe?

Neben Polysexualität gibt es noch andere Begriffe, die ähnlich klingen bzw. ähnliche Assoziationen hervorrufen, sich jedoch zumindest in Nuancen unterscheiden. Darüber hinaus sind gerade die Begrifflichkeiten der LGBTIQ+ Community stark von individuellen Interpretationen abhängig. So ist es der einen Person beispielsweise völlig egal, ob sie als bisexuell oder polysexuell bezeichnet wird. Eine andere Person sträubt sich dahingegen dagegen, bisexuell genannt zu werden, da dieses Wort häufig nur mit einer Anziehung zu den binären Geschlechtern männlich und weiblich assoziiert wird.

Frage also am besten nach, was genau eine Person meint, wenn sie zum Beispiel sagt, dass sie polysexuell ist. Damit Du jedoch mit den Begriffen polysexuell, bisexuell, pansexuell, omnisexuell, polyamor und polygam nicht völlig durcheinander kommst, findest Du nachfolgend ein kleines Glossar:

  • Bisexuell: Im herkömmlichen Sinne bedeutet bisexuell, dass eine Person sich von zwei Geschlechtern angezogen fühlt. So findet zum Beispiel eine bisexuelle Frau sowohl ihre Geschlechtsgenossinnen als auch Männer erotisch. Für viele Menschen geht der Begriff jedoch noch über diese Bedeutung hinaus: Einige Bisexuelle definieren ihre Sexualität so, dass sie Sex mit Menschen ihres eigenen Geschlechts und mit Personen anderer Geschlechtsidentitäten mögen. In letzterem Falle besteht kein Unterschied zur Polysexualität.
  • Pansexuell: Der Unterschied zur Polysexualität liegt darin, dass pansexuelle Menschen gar keinen Unterschied in Bezug auf das Geschlecht ihrer SexpartnerInnen machen. Sie finden nicht nur mehrere oder viele Geschlechter sexuell anziehend, sondern alle.
  • Omnisexuell: Eine omnisexuelle Person fühlt sich ebenfalls zu Menschen aller Geschlechter hingezogen. Im Unterschied zur Pansexualität kann es bei der Omnisexualität jedoch zu gewissen Präferenzen und Abstufungen kommen. So findet beispielsweise ein omnisexueller Mann zwar Menschen aller Geschlechter erotisch und könnte mit ihnen Sex haben sowie eine Beziehung führen, jedoch steht er besonders auf Transfrauen.
  • Polyamor: “Ich bin schon wieder dabei, mein Herz zu verlier’n”, singt Farin Urlaub in seinem Song “Herz? Verloren”. Darin bittet er sein “Baby” zudem, ihm nicht böse zu sein, denn er sei halt “polyamourös”. Polyamorie bedeutet, dass eine Person mit mehreren Menschen eine Liebesbeziehung führt, die im Normalfall Sexualität einschließt. Zudem wissen alle Beteiligten voneinander, es geht also niemand fremd. Polyamorie ist ein nicht-monogamer Beziehungsstil, jedoch keine Art der Sexualität oder Vorliebe für bestimmte Geschlechter. Eine polyamore Person kann jedoch gleichzeitig polysexuell sein, wenn sie erotische und emotionale Beziehungen zu Menschen mit verschiedenen Geschlechtern pflegt.
  • Polygam: Noch einen Schritt weiter gehen Menschen, die polygam leben. Ein anderer Name für Polygamie ist Vielehe. Der Begriff bedeutet also, dass ein Mann mit mehreren Frauen, eine Frau mit mehreren Männern oder mehr als zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts miteinander verheiratet sind. In Deutschland sind polygame Beziehungen nicht erlaubt. Sie stehen sogar unter Strafe und können im schlimmsten Falle zu drei Jahren Haft führen. In anderen Ländern ist die Vielehe zwar legal, jedoch lebt nur circa 2 % der gesamten Weltbevölkerung in solch einer Konstellation. Vergleichsweise häufig ist Polygamie in Ländern West- und Zentralafrikas anzutreffen: Burkina Faso (36 %), Mali (34 %), Gambia (30 %), Niger (29 %), Nigeria (28 %).

Fazit – Je mehr, desto besser!

Natürlich meinen wir hiermit nicht ausschließlich mehr SexpartnerInnen, sondern Sex mit mehr als nur einem Geschlecht. Dies kann nämlich sehr bereichernd sein. Mitunter empfindest Du einen Orgasmus mit einer Frau ganz anders als mit einem Mann. Vielleicht kann sich ein Transgender-Mensch auch viel besser in Dich hineinversetzen, weil er/sie beide Seiten kennt. Trau Dich also, überwinde gesellschaftliche Barrieren und probiere aus, ob Du nicht auch ein bisschen poly bist.

War der Artikel hilfreich?

Weiter zur Quelle