Omnisexualität: Was bedeutet es, omnisexuell zu sein?

Bist auch Du offen für alle Geschlechter?

Aktualisiert am von

Inhaltsverzeichnis anzeigen

Im Rahmen der “ElitePartner-Studie 2020” gaben 85 % der über 13.000 Befragten an, heterosexuell zu sein. 4 % outeten sich als homosexuell und immerhin noch 3 % als bisexuell. Neben 8 %, die keine Angaben zu ihrer sexuellen Orientierung machen wollten, gab es schließlich noch 1 %, welches sich als “anders” beschrieb. Doch was genau bedeutet dies? Welche Varianten gibt es noch?

Tatsächlich existieren neben hetero, homo und bi noch einige weitere sexuelle Orientierungen. Eine hiervon wird als Omnisexualität bezeichnet. Was genau hinter diesem Begriff steckt, klären wir in diesem Artikel.

Was heißt es, wenn jemand omnisexuell ist?

Die lateinische Vorsilbe “omni” bedeutet so viel wie “alle” oder “jeder”. Omnisexuelle Menschen können sich also sexuelle und/oder emotionale Beziehungen zu allen Geschlechtern vorstellen. Für sie ist das Geschlecht einer Person zwar nicht komplett unerheblich und oftmals finden sie Menschen eines bestimmten Geschlechts attraktiver als andere. Dennoch ist es ihnen grundsätzlich egal, ob jemand ein Cismann, eine Cisfrau, ein Transgender, Bigender oder gar völlig geschlechtslos ist.

Allerdings empfinden omnisexuelle Menschen ihre Zuneigung und Anziehung zu verschiedenen Geschlechtern zumeist in unterschiedlicher Weise. So kann es beispielsweise sein, dass eine omnisexuelle Person ihre wilde, leidenschaftliche Seite auslebt, wenn sie mit Männern zusammen ist, und mit Frauen eher Slowsex bevorzugt. Dies ist jedoch von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Lisas Story:

Lisa identifiziert sich als Demigirl und omnisexuell. Sie lebt zudem in einer polyamoren Beziehung mit Hannah (Cisfrau), Sue (Bigender) und Leon (Cismann). In dieser Konstellation kann Lisa all ihre sexuellen Fantasien perfekt ausleben.

Sie liebt lesbische Spielchen mit Hannah, mag es, gemeinsam mit ihr neue Sextoys für Frauen auszuprobieren, und Hannah mit einem fantastischen Cunnilingus zu verwöhnen. Mit Leon lebt Lisa ihre heterosexuelle Seite aus. Sie findet seinen muskulösen Körper erotisch und erlebt herrliche Orgasmen, wenn er sie in der Löffelchen-Stellung nimmt und gleichzeitig ihre Klitoris mit einem Druckwellenvibrator stimuliert. Sue wurde als Mädchen geboren, fühlt sich jedoch als Frau und Mann gleichzeitig. Lisa stellt sich hierauf ein und so probieren sie manchmal Sexpraktiken wie Pegging aus. Oftmals haben sie aber auch ganz “normalen” lesbischen Sex, je nachdem, wie Sue sich fühlt.

Es geht Lisa aber natürlich nicht nur um Sex. Die Beziehungen zu Hannah, Sue und Leon sind für sie auch auf emotionaler Ebene sehr wichtig.

Bitte beachte: Omnisexualität bedeutet zwar, dass eine Person Menschen jeglichen Geschlechts gegenüber aufgeschlossen ist. Es sagt jedoch nichts darüber aus, wie viele SexpartnerInnen im Spiel sind. Ein omnisexueller Mensch kann selbstverständlich jahrelang in einer monogamen Beziehung leben und treu sein.

Toms Story:

Tom lebt seit acht Jahren mit seiner cisgender Partnerin Jenny zusammen. Die Zeit mit ihr hat er bislang sehr genossen. Sie haben im Bett viel Neues ausprobiert, von Tantra über verschiedene Fetische bis hin zu Rimming.

Doch Tom spürt, dass in ihm eine verborgene erotische Facette schlummert. Er würde gerne Sex mit anderen Menschen haben. Das Geschlecht ist ihm hierbei egal, am liebsten wäre ihm jedoch ein anderer Mann oder eine Transfrau. Jenny ist hiermit einverstanden, will sogar mitmachen, denn sie selbst hat eine polysexuelle Ader. Auf einer einschlägigen Internetseite stoßen sie auf ein bisexuelles Pärchen bestehend aus dem Cismann Harry und Lulu, die/der sich als genderqueer identifiziert. Schon beim ersten Treffen geht’s heiß zur Sache und der Flotte Vierer entpuppt sich als wahrer Orgasmus-Garant.

Was ist der Unterschied zwischen omnisexuell, pansexuell, bisexuell und polysexuell?

“So ne klare, harte Abgrenzung zwischen diesen einzelnen Labels, ich glaub, die wünschen sich viele, aber so richtig wichtig ist die doch am Ende nicht”, sagt Julian Wenzel, Moderator des Podcasts “Willkommen im Club“, der sich in der 43. Episode der 4. Staffel mit dem Thema “Pan- und Omnisexualität” befasst.

“Nee, die ist nicht nur nicht wichtig, sondern die gibt es halt einfach nicht, das ist so das Ding. Ich habe das Gefühl, die Leute suchen danach immer, aber es gibt die halt einfach nicht; und wenn man sich das eingesteht, dann ist schon viel getan. Weil wie eine Person ihr Label genau versteht, kann man immer nur wissen, wenn man die ganz persönliche Definition dieser einen Person kennt. Und manche Menschen benutzen ja auch mehrere Labels gleichzeitig, also die nennen sich bi und pan. Die können halt Unterschiedliches bedeuten, müssen es aber nicht.

Von außen sollte man keine Labels zuschreiben und auch nicht darüber belehren oder Behauptungen aufstellen, was diese vermeintlich bedeuten”, erklärt Bi+-Aktivistin und Journalistin Melina Seiler.

Diese Abgrenzungsschwierigkeiten kann man besonders gut am Begriff der “Bisexualität” erkennen. “Es gibt nicht die eine eindeutige und richtige Definition, weder von bisexuell noch von pansexuell. Und wenn das so ist, wie soll man dann einen eindeutigen Unterschied benennen?”, erläutert Melina Seiler.

Bisexualität im wörtlichen Sinne bedeutet, dass ein Mensch sich zu zwei Geschlechtern hingezogen fühlt. Jedoch wurde die Bezeichnung im Verlaufe der Zeit stetig ausgeweitet, sodass viele Bisexuelle sie heutzutage im Sinne von pansexuell oder omnisexuell benutzen. So könne sich der Begriff “bisexuell” ebenfalls auf alle Geschlechter beziehen, sagt Seiler. Zudem sei es denkbar, dass auch für Bisexuelle die Anziehung zu einem Menschen nicht auf dem Geschlecht beruht. Letztlich ist es am sinnvollsten, eine bisexuelle Person zu fragen, was genau dieses Label für sie bedeutet.

“Omnisexuelle Menschen fühlen sich zu allen Geschlechtern hingezogen, ja, aber sie tendieren dazu, ein bestimmtes Geschlecht zu bevorzugen. Zum Beispiel, für eine omnisexuelle Person wird das Geschlecht einer anderen Person Einfluss darauf haben, wie sehr sich der/die Omnisexuelle zu ihm/ihr hingezogen fühlt”, erklärt Dutchy auf ihrem YouTube-Kanal.

Hierin liegt auch schon der Unterschied zur Pansexualität. Pansexuelle Menschen sind nämlich genderblind. Dies bedeutet, dass sie tatsächlich kein Geschlecht bevorzugen. Dass jemand eine Frau, ein Mann oder nicht-binär ist, hat also keinerlei Einfluss auf Pansexuelle.

Omnisexuelle nehmen dahingegen eine Art Abstufung vor, finden also beispielsweise Cisfrauen am attraktivsten, können sich aber trotzdem vorstellen, auch mit Männern, Transgender-Menschen etc. eine (sexuelle) Beziehung einzugehen. Manche Menschen nutzen pan- und omnisexuell aber auch als Synonyme und sehen keinerlei Unterschiede.

Und dann ist da ja auch noch die Polysexualität. Hierbei geht es darum, dass sich Menschen zu mehreren Geschlechtern hingezogen fühlen, aber nicht zu allen.

Uff, es ist wirklich nicht einfach, all diese Begriffe auseinanderzuhalten; und es ist auch gar nicht nötig, denn wie oben bereits beschrieben nutzt jeder Mensch sie höchst individuell.

Sexualmediziner Volkmar Sigusch beschreibt die Geschlechtlichkeit eines Menschen und seine Sexualität als so “einzigartig wie ein genetischer Fingerabdruck”. Zudem erklärt der renommierte Wissenschaftler, dass wir grundsätzlich alle polysexuell seien. Dies deckt sich auch mit der Ansicht der Comphet-Bewegung, die besagt, dass Heterosexualität nur ein von der Gesellschaft vorgegebenes Konstrukt ist.

Merke Dir einfach, dass es viele verschiedene sexuelle Orientierungen gibt. Manche Menschen lieben nur Männer, manche nur Frauen, anderen ist das Geschlecht ihres Gegenübers dahingegen Schnuppe.

Fazit – Entdecke den Geschlechter-Regenbogen

Und wie steht es mit Deiner sexuellen Orientierung? Identifizierst auch Du Dich als omnisexuell? Wenn dem so ist, dann ist dies vielleicht etwas befremdlich für Dein Umfeld. Erkläre einfach, dass Du Menschen jeglicher Art liebst und mit ihnen Sex haben willst. Dass Du einfach keinen Unterschied machst, ob Dein Gegenüber Mann, Frau, Transgender, Agender usw. ist. Erkläre, dass Du alle Farben des Geschlechter-Regenbogens entdecken möchtest.

War der Artikel hilfreich?

Weiter zur Quelle