Alles, was Du über Exhibitionismus und exhibitionistische Neigungen wissen musst
Viel mehr als notgeile Männer in Trenchcoats
Aktualisiert am
Inhaltsverzeichnis anzeigen
Viel mehr als notgeile Männer in Trenchcoats
Aktualisiert am
Bei dem Wort “Exhibitionismus” denkst Du sicherlich an notgeile Männer im Trenchcoat, die hinter dunklen Straßenecken lauern und dort auf Fußgängerinnen warten, um ihnen ihr bestes Stück zu präsentieren.
Tatsächlich gibt es diese nicht einvernehmliche Variante des Exhibitionismus, die für Dich wahrscheinlich in keinster Weise erregend ist. Die sexuelle Neigung hat aber auch eine nicht zu verachtende Kehrseite. So ist es für manche Menschen ein wahrer Genuss, wenn sie beim Sex oder beim Masturbieren von anderen Personen beobachtet werden – natürlich freiwillig und einvernehmlich auf beiden Seiten. Die bewundernden, hungrigen und lüsternen Blicke anderer oder gar fremder Menschen geben ihnen einen echten Kick. Wäre das nicht auch eine Fantasie, die Du gerne ausleben möchtest?
Der Begriff “Exhibitionismus” stammt vom lateinischen Wort “exhibere”, welches “zeigen” bedeutet, ab.
Ein/Eine ExhibitionistIn empfindet also sexuelle Lust dadurch, dass er/sie seine/ihre Intimzone (Penis, Hoden, Vulva, Vagina, Analbereich, Brüste, Po) vor anderen Menschen entblößt. Auch Geschlechtsverkehr oder Masturbieren vor ZuschauerInnen kann Teil einer exhibitionistischen Neigung sein.
Landläufig ist Exhibitionismus eher als eine Vorliebe bekannt, bei welcher der/die ExhibitionistIn sich Fremden aufdrängt. Dies muss jedoch nicht sein. Es gibt auch einvernehmlichen Exhibitionismus/Voyeurismus, bei welchem sowohl der zuschauende als auch der sich entblößende Part sexuelle Befriedigung empfindet, beispielsweise in Swingerclubs.
Viele Menschen stellen sich Exhibitionisten als Perverslinge, die schreckhaften Damen ihren Lümmel zeigen, vor. Tatsächlich sind exhibitionistische Neigungen jedoch in verschiedensten Formen denkbar. Wahrscheinlich hast sogar Du eine gewisse exhibitionistische Ader. Hierbei geht es allerdings nicht unbedingt um sexuelle Erregung, sondern eher darum, sich leicht bekleidet oder in anzüglichen Posen zu präsentieren.
Du bist nicht allein: Exhibitionistische Neigungen sind gar nicht so selten. WissenschaftlerInnen aus Schweden fanden heraus, dass immerhin 3,1 % der 2450 Befragten schon mal sexuelle Erregung dabei empfanden, einem völlig Fremden ihr Geschlechtsteil zu präsentieren.
§ 183 StGB stellt “Exhibitionistische Handlungen” unter Strafe. “Der Gesetzgeber sagt eben, man müsse den Einzelnen – nicht die Allgemeinheit, ganz wichtig – den Einzelnen vor aufgedrängter Konfrontation mit Sexualbetätigung schützen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass dabei Schäden beim Opfer entstehen könnten”, erklärt Rechtsanwalt “Herr Anwalt” auf seinem YouTube-Kanal.
Allerdings gilt dies nicht, wenn Frauen sich entblößen, denn § 183 StGB bezieht sich nur auf Männer. Ziehen diese vor einer anderen Person aus sexuellen Beweggründen blank und fühlt sich diese hierdurch belästigt, empfindet also etwa Scham, Ekel oder Entsetzen, so kann dies mit einer Geld- oder sogar mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.
Übrigens: Wenn Dir jemand ein Bild von seinem Penis per Smartphone schickt – auch Dickpic genannt – dann ist dies keine exhibitionistische Handlung nach § 183 StGB, denn diese verlangt, dass Du und der Schwanzträger sich an demselben Ort befinden. Jedoch könnte dieses Verhalten nach § 184 I Nr. 6 StGB strafbar sein. Denn auch die “Verbreitung pornographischer Inhalte” hat der Gesetzgeber unter Strafe gestellt.
Natürlich bedeutet oben Gesagtes jedoch nicht, dass Frauen in der Öffentlichkeit ganz ungeniert die Hüllen fallen lassen dürfen, ohne dass dies in irgendeiner Form rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Auch für Frauen gilt nämlich der § 183a StGB, welcher die “Erregung öffentlichen Ärgernisses” unter Strafe stellt. Darüber hinaus kommt auch eine Geldstrafe über §§ 118 i. V. m. 17 OWiG in Betracht, wenn das jeweilige exhibitionistische Verhalten als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird.
Exhibitionismus ist also tatsächlich strafbar, wenn Du Deinen nackten Körper anderen Menschen aufdrängst. Wenn Du Dich jedoch gerne beim Sex beobachten lässt und der/die Beobachtende hiermit völlig einverstanden ist, so ist dies selbstverständlich kein Vergehen.
In Deutschland wurden im Jahre 2020 8808 Fälle exhibitionistischer Handlungen und Erregung öffentlichen Ärgernisses polizeilich erfasst, im Jahre 2021 8174 Fälle.
Exhibitionismus kann eine Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung in Form einer Paraphilie (Störung der Sexualpräferenz) darstellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Menschen mit exhibitionistischen Neigungen psychisch krank sind. Vielmehr kommt es auch darauf an, dass ein/eine ExhibitionistIn aufgrund ihrer Neigung einen großen Leidensdruck verspürt und sein/ihr Leben hierdurch beeinträchtigt wird.
Von einer Störung sprechen ExpertInnen außerdem dann, wenn der/die ExhibitionistIn sich nackt gegenüber Menschen gezeigt hat, die dies nicht wollten, er/sie also eine Straftat begangen hat.
Wenn Du Deine Vorliebe jedoch mit Menschen ausübst, die hierdurch ebenfalls Lust empfinden, und Du dabei keinerlei Gefühle wie Scham, Frust oder Unwohlsein verspürst, dann bist Du sicherlich nicht krank oder gestört.
Voyeurismus ist ebenfalls eine sexuelle Vorliebe, die jedoch quasi die Gegenseite des Exhibitionismus darstellt. Beim Voyeurismus geht es nämlich darum, andere Menschen zu beobachten. Der/Die VoyeurIn wird also beispielsweise dadurch sexuell erregt, dass er/sie anderen Personen beim Sex oder beim Masturbieren zuschaut. In diesem Sinne hat eigentlich jeder eine voyeuristische Neigung, der/die sich Pornofilme anschaut.
Manche Voyeure empfinden zudem einen besonderen Kick darin, andere Menschen heimlich zu beobachten. Sie “spannen” beispielsweise in Schwimmbädern, Saunen, an FKK-Stränden oder vor Umkleidekabinen. Nicht-einvernehmlicher Voyeurismus ist – anders als der nicht-einvernehmliche Exhibitionismus – kein eigener Straftatbestand. Allerdings kann es zu einer Bestrafung etwa nach § 201a StGB kommen, wenn der/die VoyeurIn unerlaubt Fotos von einer nackten Person schießt, obwohl sich diese in einem geschützten Bereich befindet.
Spanner, die Dich heimlich fotografieren, solltest Du also meiden. Andererseits, Du benötigst natürlich einen/eine VoyeurIn, um Deine exhibitionistische Neigung ausleben zu können. Du hast Glück. Einer kanadischen Studie aus dem Jahre 2007 zufolge zeigten sich viele Männer und Frauen der Idee, andere Menschen beim Sex zu beobachten, durchaus nicht abgeneigt. Immerhin 70 % der männlichen und 40 % der weiblichen Befragten gaben zu, eine voyeuristische Ader zu haben.
Exhibitionismus hat viele Facetten und kann ausgelebt werden, ohne gleich die Polizei auf den Plan zu rufen. Wenn auch Du eine Vorliebe dafür hast, dass lüsterne Augenpaare auf Deinem nackten Körper ruhen, dann ist dies also keine Neigung, die Du für immer verstecken musst. Suche Dir beispielsweise in Swingerclubs Gleichgesinnte und präsentiere Dich vor Ihnen völlig unbedeckt.
Fraulila.de ist deine verlässliche Quelle für Informationen zu Partnerschaften, sexueller Gesundheit, Prävention, Geschlechtergleichstellung, Sexualpsychologie, dem Sexualleben und Sexspielzeugen. Der Inhalt dieser Webseite dient ausschließlich dem informativen Zweck. Fraulila.de bietet keine medizinische Beratung. Wende dich bei gesundheitlichen Problemen, Bedenken oder Fragen immer an eine Ärztin oder einen Arzt.
Fraulila.de nimmt an verschiedenen Affiliate-Marketing-Programmen teil, was bedeutet, dass wir möglicherweise Provisionen für redaktionell ausgewählte und zu externen Händlern verlinkte Produkte erhalten.
Copyright © 2024 Fraulila.de.